Nach der Ausgabe von Philipp Strauch.
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Seite enthält die Abschnitte:
Virgiljus sprach: ‘ich wil iu sagen,
ir mügt der red stille dagen,
wan sagt ich iu die wârheit,
daz wurd iu ân mâzen leit:
ir litet sêr und ungemach.’
alsus Virgiljus gên in sprach.
dô sprâchen gar mit swære
die wîsen Rœmære:
‘herr, sîn ist niht ze vil:
swaz dû, friunt und herr, wil,
daz tuon wir gern mit sinnen,
daz wir fiur gewinnen,
ê wir alsus verderben
und hie ze Rôm sterben.
der hunger machet uns blint.
uns stirbet wîp unde kint.’
er sprach: ‘ist iu der hunger leit,
sô swert mir des einen eit,
swaz ich heiz tuon in zît,
daz ir dâ wider nimmer sît,
und daz ich iuwer hulde
hab umb die selben schulde,
wan ich durch iuwern willen
wil hie daz fiur vinden.’
[nach oben]
Dô wurden si ze rât,
daz si fruo unde spât
im nimmer wolden wider sîn.
si sprâchen: ‘wir wellen den willen dîn
tuon vil gar und dînen rât.
ob sich under uns ieman hât
versûmt gên dir, daz lâz dû varn.
wir wellen uns [gên dir] fürbaz bewarn.’
er sprach: ‘daz sweret mir hie ze stet.’
alsus Virgiljus ret.
sie swuoren im mit leide
ieglîcher zwên eide.
‘mit hulden ich ez sprechen sol,
iuch bewart nieman sô wol,
der iuch von leid scheide,
daz sag ich iu bî mînem eide,
sô diu frouwe sicherlîch,
diu dâ ist in dem turn rîch,
dâ ich mit nœten an hienc.’
vil maniger nâch der frouwen gienc.
die ir mâge wâren,
die sach man nâch ir varen,
ir man mit flêg und mit bet,
doch er ez ungern tet,
wan er muost in des gunnen,
er und al sîn kunne,
daz si zuo Virgiljo gie.
Virgilius sie schôn enpfie.
er sprach: ‘frou wol getân,
welt ir daz lant niht lân zergân
und die liut dar inne,
sô volget mînem sinne
unde tuot nâch mînem rât,
sô gewint ir fiur drât,
oder ir müezt verderben
und mit samt in sterben.’
si sprach: ‘lieber herr mîn,
möht ez in iuwern hulden sîn,
sô bæt ich iuch gern,
ob ir mich wolt gewern,
sô liezt ez sîn ein ander spil.
ich hân doch von iu leides vil.’
er sprach: ‘frou, des mac niht gesîn.
ez müest ê trucken sîn der Rîn,
ob ich ez liez an disem tac.
ân iuch ez nieman geschaffen mac.’
diu frou sprach: ‘sô lât mich sehen,
swaz mir hie süll geschehen.’
[nach oben]
Dâ mit Virgiljus sprach,
dô er sie schôn vor im sach:
‘frou, seht ir disen stein?
dâ sült ir ûf stên alein.
daz gewant sült ir ab ziehen.
ab dem stein sült ir niht fliehen
ir sült niht haben wan eîn hemd.
ander kleider sîn iu fremd;
und sült daz aftermuoder zwâr
hinden ûf lesen gar
und an allen vieren stân.
zehant sô sol wîp und man
zünden vor dem hindern teil.
swer danne gewinnet daz unheil,
der zuo dem andern zünden wil,
sô wirt in beiden niht ze vil,
wan si erleschent beid daz lieht,
daz man ez nimmer brinnen siht.
wellent si aber fiur hân,
sô müezen si hin wider gân
und müezen wider zünden,
so beginnet der after lünden.’
dô sprach diu frou wol getân:
‘ê wolt ich den lîp lân
ê ich hêt sölich schant
ich wolt ê rûmen alliu lant.’
dô sprach Virgilius der man:
alsô mac ez niht ergân.
im muoz anders geschehen,
wellent si freud und wunne sehen:
si müezen iuch dar zuo twingen,
sô mac in wol gelingen.’
[nach oben]
Dô daz erhôrten ir mâge,
dô heten si manig frâge.
ouch sach ez zehant ir man,
daz ez niht anders moht ergân.
dô griffen si an mit flêg, mit bet.
diu frouwe ez ungern tet,
wan si schamt sich sêre.
ir leides des wart mêre.
si jach: ‘ich lâz mich tœten ê,
ê ez alsô an mir ergê.’
dô niht half weder drô noch bet,
nû hœret, wie ir wirt tet.
er wolt des niht erwinden,
er hiez die frouwen binden.
daz gewant hiez er ir ab ziehen,
des moht si niht enpfliehen.
er stalt sie nider ûf den stein.
ir scham was niht klein.
dâ muost diu frou mit schal
daz fiur geben über al,
wan si muost ûf dem stein stân,
des wolt man sie niht erlân.
der ein truoc ein kerzenlieht dar,
der ander unslit zwâr.
der dritt truoc einen schoup,
der vierd einen boschen loup.
der fünft truoc ein buchel her,
der sehst einen brant swær.
alsô zunten si all samt.
daz was der froun ein bitter amt.
alsô muost si ez lîden
und moht ez niht vermîden,
si muost die scham und die nôt
lîden. si was nâhen tôt.
[nach oben]
Dâ mit Virgiljus drât
fuor von Rom und bout ein stat,
als si hiut ist bekant;
diu warte Napels genant.
mit listen er daz ane vie,
daz ez nâch sînem willen gie,
reht als er wolde
und als er mit listen solde,
wan ez ze reht alsô ergienc:
die stat er an driu eier hienc,
daz ez noch hât von im die kraft
und von sîner meisterschaft,
swer ez zerbræch, diu stat versunk,
daz volc vil gar ertrunk.
daz bewart man in der stat wol.
swer gegen dem ei grîfen sol,
sô zitert diu stat alle samt
und diu hiuser über al zehant.
[nach oben]
Dar nâch Virgilius der hêr
vant dannoch list mêr.
er macht ein bild êrîn,
daz bild muost von gold sîn.
an dem bilde was gegraben
mit guldînen buochstaben:
dâ ich hin zeig, dâ ist ein hort.
swer in begrîft, derst an ein ort
sîner armuot ab bekomen. –
dô daz die liut heten vernomen,
dô kômen der liut ein michel teil.
ieglîcher versuocht sîn heil,
ob im der hort wurde,
daz im der sorgen burde
müest dâ von geringet sîn
und ganz freud werden schîn.
die einen hant hêt daz bild
geleit ûf den bûch wild;
der ander arm stuont geraht,
des maniger dick lacht.
daz bilde dâ zeigen began
mit sîner hant wol getân
an einen berc, der gegen im lac.
alsô zeigt ez naht und tac
mit dem vinger für sich hin.
dâ suocht maniger den gewin
und gruoben den berc umbe,
der wîse und der tumbe.
sîn vinger im gereckt was
gegen dem berg, als ich ez las.
der ander vinger zeigen began
gegen dem bûch den hort an.
des verstuont sich nieman dâ.
si fuoren nâch dem vinger sâ,
der dâ stuont in den berc.
dar inn sô worhtens manic werc,
wan si wânten, daz si dort
funden in dem berg den hort.
den hort dâ nieman sach.
eines tages ein trunken man sprach:
‘wie lang sol uns daz bilde
effen an dem wilde?
ich wil die liut an im rechen
und wil ez zerbrechen.’
sînen kolben er bî dem ort vie.
vil trunkner er gegen im gie
und sluoc ez dâ an sînen nac,
daz ez ûf der erde lac,
sîn hals und sîn nac.
dannoch schein niht der tac,
wan ez bî der naht was.
daz golt viel nider ûf daz gras.
dar an sol man besehen wol,
wer grôzez guot haben sol,
dem muoz ez werden beschaffen,
ez sîn leien oder pfaffen,
als dem trunken man geschach,
der daz bilde brach –
‘diz bild sol nieman effent sîn’ –;
der west niht, daz daz golt was sîn,
unz er daz golt truoc von dan.
dô wart er ein rîch man.
im wart beschert grôzez guot.
ôwê, wie sanft ez manigem tut,
daz er gewinnet sæld und heil!
ôwê, wurd uns noch des ein teil!
des helf uns got von himelrîch!
zwâr sô wurden wir freudenrîch.
[nach oben]
Hinnâch rîchsen began
ein vil gewaltic man.
der was Tarquinius genant,
der was der wirst den man vant.
er rîchset Nerôni gelîch
ze Rôm in dem künicrîch.
er hêt ouch besezzen,
des mac ich niht vergezzen,
Nerônes daz guldîn hûs.
er wart den Rœmærn als ein mûs
leid unde swære
und reht gar unmære,
daz si in ze Rôm vertriben.
sîner friunt was dâ niht beliben.
die muostenzs rûmen mit im dâ
und muosten von der stat iesâ.
man hiez in ouch dô tœten
mit angsten und mit nœten,
wan die Rœmer niht enbiten:
im wart vast nâch geriten,
unz er muost von in verderben
und ûf dem velde sterben.
dar nâch gap in got ein stiur,
daz daz wilde fiur
kam gewalticlîche
und verbrant daz hûs rîche,
daz von gold was bereit
herrn Nerôni, als man seit.
dâ sach man gotes gewalt an,
daz wider got nieman kan.
[nach oben]
Ze Rôm rîchset nâch im dâ
ein künic der hiez Galbâ.
der het einen friunt hiez Pisô.
den selben friunt sant er dô
mit einem grôzen her,
daz sich gegen im nieman ze wer
moht gesetzen an der zît.
er sant in in diu lant wît,
daz er si betwunge
und nâch êren runge.
da mit fuor er hin zuo dem Rîn.
sîn gewalt moht niht grœzer sîn.
dâ mit betwanc er diu rîch
vil gar gewalticlîch.
den Diutschen geschach von im wê.
er stiftet ein stat hiez Pisê
und fuor dâ mit wider heim.
zwâr er fuor niht alein.
er fuort ein grôzez her zwâr.
grôz und michel wart sîn schar.
dâ mit der herr stift ein stat dâ,
diu geviel im wol iesâ;
diu wart genant Capiam.
dar inn saz er ân alle scham,
unz eines tags kom dar
der herr Ottô mit grôzer schar
und gewan im die stat an
unde sluoc die zwên man
in der stat ze Capiam
………
Galbâ und Pisô;
des wârn ir friunt vil unfrô.
er tet an in vil grôzez mort,
daz nie dâ vor wart gehôrt,
wan er die stat und daz lant
allez zerfuort und verbrant
und die liut dar inne,
daz was ein swær minne,
daz er daz lant dâ vertet,
beidiu bürg und ouch stet.
[nach oben]
Dar nâch rîchsen began
ein vil gewaltic man,
der was Ottô genant
und was den Rœmern wol bekant
ze Rôm, als ich hân vernomen.
er was gewalticlîch komen
ze Rôm in die grôzen stat,
als in muot und wille bat,
und rîchset dâ gewalticlîch.
dar nâch kom ein künic rîch,
der was Vitellus genant,
der sluoc in dâ mit sîner hant.
Künic Ottô rîchset ze Rôm drî
mânôt von gotes geburt einz und achzic jâr.
[nach oben]
Vitellus der gewaltic man
dar nâch rîchsen began
ze Rôm in der grôzen stat,
wan man in dâ erwelt hât.
dar nâch gewan er grôze swær,
wan er wart vil unmær
den Rœmærn über al,
wan si trahten sînen val,
wan er in niht liebes tet.
vil manger râtgeb daz ret
und riet ouch als er solt,
wan si wârn im niht holt.
er tet in lasters genuoc.
dâ von si wârn gên im kluoc
und begunden balde gâhen,
Vitellum dâ vâhen.
des moht er niht entwenken.
ir ieslîcher begund gedenken,
wie man im mit nœten
den lîp sold tœten.
dâ vant einer under in
einen wunderlîchen sin,
daz man in solt alsô gesunt
lebendic begraben, daz wart im kunt.
[nach oben]
Dar nâch tuon ich bekant,
daz Jerusalêm daz lant
betwanc eins künic alsus,
der hiez Vespasjanus
und was in dem houbt siech gar.
sîn nas was im zwâr
websen alliu vol,
daz weiz ich von der wârheit wol.
der selb Vespasjanus
betwanc lant und liut alsus,
daz si im wârn undertân.
im dienten vil dienstman.
ich hân ouch hœren sagen
vor mir bî mînen tagen,
daz im sô wol gelung dar inn,
wan er hêt wîse sinn
und hêt dar zuo grôzez heil,
daz im juden wurden veil.
man sagt, er schüef sô wol sîn dinc,
daz er umb einen pfenninc
drîzic juden gæbe zwâr.
daz enweiz ich niht, ob ez wâr
sî oder ein ungeriht,
dâ von ich ez ungern tiht
und daz buoch besunder.
ez möht wol sîn ein wunder.
ich sag iu für wâr alsus,
daz sîn sun her Tytus
daz lant betwanc gewalticlîch,
der selb künic rîch,
und sluoc den künic dar inne.
daz wârn sour minne.
der künic Milia hiez,
den er von dem leben stiez,
und vie den künic Hylam
und fuort in gên Rôm dan –
er und Vespasjanus –,
der gevangen was alsus.
dar nâch gelac er tôt.
des twanc in grôz nôt.
Künic Vespesianus rîchset aht jâr
und zehen mânôt von gotes geburt zwei und ahzic jâr.
[nach oben]
Ein künic ze Rôm was,
von dem man schreip unde las,
der was Claudius genant.
ze Rôm was er wol bekant.
er begie ze aller zît
beidiu in sturm und in strît
vil unbildes und vil wunder,
diu sag ich iu besunder.
ez was ein gîtiger man,
als ich vor mir gehœrt hân.
guotes gewan er nie genuoc.
swaz man im goldes în truoc,
daz was im vil gar ein wint.
er hiez wîp unde kint
beschatzen unde dienstman
und swer im was undertân:
die mahten in niht erfüllen.
ein bodemlôse züllen
hiet man mit wazzer gefüllet ê.
im was nâch guot alsô wê,
daz er vor gîte kûm genas.
allez daz in dem lande was,
daz beschatzet er ân widerstrît.
in hêt der unsælic gît
in herzen sô besezzen,
swan er solt ezzen,
sô was sîn herz ze aller zît
vil swær, wan er hêt den gît.
[nach oben]
Er hêt ouch einen schaffær
der was im niht unmær,
wan er die liut beschatzen kunde.
des er im wol gunde.
dô er und sîn schaffær
beschazten daz volc mit swær,
unz si gehaben mohten niht.
des hât der tiufel mit im pfliht,
wann er von herzen siech wart.
dô wart niht lenger gespart,
er sant nâch sînem schaffær.
er sprach: ‘ring mir mîn swær
und beschatz mir rîch und arm
unde la dichs niht erbarm,
unz si gehaben mügen niht;’ –
des hât der tiufel mit im pfliht –
‘dar zuo nim mir ab mîn gelt
und füer ez allez ûf daz velt
und heiz all die balge nemen,
die den smiden zuo der esse zemen,
und heiz zesamen rennen daz golt.
dû weist wol, ich bin dir holt.
dem silber tuo alsam vil reht,
sô mügen ritter unde kneht
ir beider niht gewinnen.
ich weiz daz wol mit sinnen,
die armen koment geloufen
und wellent umb daz golt roufen
mit eksten und mit bîlen,
sô kumt bî einer wîlen
mîn ritter und mîn dienstman
und wellent den arm daz golt an
gewinnen mit gewalt.
sô wirt der strît manicvalt,
wan di arm beginnent sich wern
und werdent ûf die rîchen bern.
umb daz guot wirt ein strît,
und wirt under in ein nît,
daz si sich tœtent umb daz guot.
wie sanft daz mînem herzen tuot!
nû merk, schaffer, waz ich mein:
swâ in dem lande ein marcstein
sî, den solt dû werfen hin,
und kêr dar zuo dînen sin,
daz dû reht süllest warten:
zwischen den wîngarten
solt dû zerfüeren die rein
alsam die marcstein.’
der schaffær lobt im zehant,
dô er in sô tiuwer mant.
er sprach: ‘ich lâz dheinen rein
noch dheinen marcstein,
ich zerfüer in alsô sêre,
daz dhein ouge mêre
mac in von sinnen gesehen
noch nimmer mêr kan gespehen,
dâ daz marc sî hin getân.
ich getrou ez wol understân.’
[nach oben]
Zehant der kündic man
golt und silber fuort er dan
allez mit im ûf daz velt.
er hiez ûf slahen sîn gezelt
und zwô esse machen
mit seltsænen sachen,
und an ieglîch esse ort
wâren hie unde dort
zwei hundert blasbelg grôz.
der wint vast von in dôz,
unz der wint daz fiur brâht,
als sîn der künic hêt gedâht,
allez zuo einem knollen grôz.
daz golt vast zesamen flôz.
dem silber reht alsam geschach,
als der künic zuo dem schaffer sprach.
[nach oben]
Dô der künic wart gesunt,
er sprach: ‘schaffer, ich tuon dir kunt,
dû solt mir nemen ein stiur,
diu grœzer sî danne hiur,
und bou ein burc über daz golt,
sô bin ich dir mit triuwen holt.
wil dû des wærlîch tuon niht,
sô sag ich dir waz dir geschiht:
sô muost dû sie ûf bringen
mit dînen pfenningen.’
der schaffer sprach: ‘ich tuon iu kunt,
und solt ich gewinnen hundert pfunt,
diu möhten si gehaben niht.
daz lant ist vil gar enwiht
und ist worden guotes bar.’
der herr sprach: ‘nim selber war,
ob dû iht guotes mügst gehaben:
daz burcstal muost dû selber graben
und muost dar în vier türn legen
und muost des guotes selber pflegen.’
der schaffer gedâht: ich hœr wol,
sît in nieman mac gefüllen vol,
sô muoz ez an mich selben gân.
ich mac ez vil wol understân.
eines listes er im gedâht,
der in ze êren brâht.
er sprach: ‘ich wil mîn guot dar legen
und wil der mûr selber pflegen.’
dô der künic erhort
des schaffærs wort,
er sprach: ‘lieber schaffer mîn,
mîn lant sol billîch wesen dîn,
wan ich nie untriu an dir vant.
dû bist zwâr ein wîgant.’
[nach oben]
Dô hiez der schaffære
die gruntvest swære
graben umb daz golt rôt,
als im ez der künic gebôt.
do diu gruntfest gegraben wart,
dô wart niht lenger gespart,
er rit nâch dem künig zehant.
den grunt tet er im bekant.
der grunt geviel dem künig wol.
er sprach: ‘nû bit ich, als ich sol,
iuch, vil lieber herr mîn,
daz ir geruochet bî mir sîn.
morgen wil ich die mûrær
dingen zuo der mûr swær.
habent mîn brôt morgen für vol!
daz dien ich immer als ich sol.’
dô jach der künic rîche,
er tæt ez sicherlîche.
[nach oben]
Des morgens dô ez tagte,
den herren er dô frâgte,
der schaffær vil wîse,
ob er sîn spîse
wolt ezzen, als er im gehiez.
der künic ez ungern liez.
er reit ûf die burc sîn.
er sprach: ‘lieber herre mîn,
ich wil iu geben goldes vil,
wan ich ez iu teilen wil.
rœter golt nie oug gesach’ –
als er gegen dem künig sprach –
‘des gib ich iu hiut sô vil,
daz iur herz freud und spil
gewinnet unde wunne.
daz golt liuht als diu sunne.’
der red wart der künic vrô.
zuo dem schaffær sprach er dô:
dû wær mir ie mit triuwen holt.
dîn herz hât tugent unde golt.’
[nach oben]
Dâ mit si dâ sâzen,
und si kûm geâzen,
dô sprach der schaffære:
‘welt ir daz golt swære
sehen, sô heizet die ab gân,
die ez niht süllen sehen an.’
daz schuof der herr zehant.
der schaffær vie in bî der hant.
er wîst in in ein kemnât;
daz was fruo und niht spât.
dô der künic hin în gie,
der schaffer in bî dem buosem vie.
die tür man dâ spart
in der kemnât.
dô sach der künic vor im stân
fünfzehen gewâpent man.
er het ein esse dâ bereitet
und einen tegel geeitet:
mit lûterm golde
wiel er als er solde.
den tegel man dâ für in truoc.
‘ich gib dir goldes genuoc,’
sprach er, ‘an diser zeît.’
den künic man dâ niderleit
und sazt im einen zol
in den munt, daz was wol.
daz golt man in in kêrte,
als ez der schaffer lêrte.
dô wart er aller goldes vol.
daz was billîch und wol.
ze den rippen ez im ûz spranc.
des hab der schaffer danc,
daz er die liut vor im nert
und sich selber sîn erwert!
ûz grôzem grimme er dô sprach:
‘künic, nû lîd ungemach!
dich hât gedürstet ie nâch golt:
nû trinc ez hie! dû wær im holt.’
[nach oben]
Ein künic Trajanus hiez.
bî sînen zîten er für sich nieman
liez
an grôzem gewalt,
wan sîn gewalt was manicvalt.
er rihtet alsô starc,
der im hiet geben tûsent marc
von lûterm golde,
er riht niht wan als er solde.
ez wær herr oder kneht,
er riht niht wan nâch reht.
friunt, mâg und kindelîn
kunden im sô liep niht gesîn:
er rihtet nâch der rehticheit,
als im daz reht vor seit.
[nach oben]
Ze den zîten wart niht lang gespart,
er wolt rîten hervart
und hiez daz rüefen an der zît.
er gewan ein her lanc und wît.
er hêt niur einen sun.
dem muost er triu kunt tuon
mit lîb und mit herzen.
er gewan grôzen smerzen,
sô dem kinde iht gewar.
er hêt sich nâch verderbet gar
sô dem kinde iht geschach
sô leit er grôzen ungemach.
dô er die hervart wolt varn
mit grôzem her und mit scharn,
dô was sîn sun der jung man
in ein schœn hûs gegân,
dâ er ein schœn maget vant.
zehant vie er sie bî der hant
und wîst sie dâ er sie umbvie.
sîn will dâ an ir ergie.
daz ich iu sag, daz ist wâr:
über irn willen geschach ez gar.
zehant dô ez geschach,
dô leit diu frou ungemach.
si gie dâ si ir muoter west,
diu was wærlîch niht diu best:
diu hêt ein übel herz und lîp.
sie was ein zornigez wîp,
des ir die liut jâhen,
die sie mit ougen sâhen.
[nach oben]
Dô sîn diu muoter inne wart,
dô wart niht lenger gespart,
si lief für den künic hêr.
si sprach: ‘riht mir mînes herzen sêr
durch got, lieber herr mîn!
und welt ir rehter rihter sîn,
sô rihtet daz unbild grôz!’
daz wazzer ir ûz den ougen flôz.
dô sprach Trajanus schier:
‘ir sült daz gelouben mir:
swenn ich kum von der hervart,
sô wirt niht lenger gespart,
ich riht iu allez daz ir klagt.
daz sî iu für wâr gesagt.’
diu muoter zorniclîchen sprach,
wan diu red was ir ungemach
und was ir herzenlîchen leit –
si sprach: ‘wer hât dir daz geseit,
daz dû her wider kümst zuo mir?
dû maht belîben dort vil schier.
ob ez dîn sæld niht hât bewart,
so belîbst dû in der hervart.’
er sprach: ‘daz mac wol geschehen.
ginc her, ich wil dich lâzen sehen,
swie unmüezic ich anders bin,
daz der niht mac komen hin,
der dir leit hât getân.
er muoz vor mir ze reht stân.
er sî herr oder kneht,
ich mach dir dînen kumber sleht.’
si sprach: ‘genâd, herr mîn,
ich klag dir über daz kint dîn,
über den jungen swertdegen.
der ist mit gewalt gelegen
bî der schœnen tohter mîn.
riht mir die tât, lâz es niht sîn!’
[nach oben]
Dô der künic die red erhôrt,
sîn freud wart im zerstôrt.
er sprach: ‘âwê diser vart,
daz ich ie geborn wart!
sol ich disen ungemach
sehen, mir leider nie geschach.
ôwê liebez kint mîn,
sol ich von dir gescheiden sîn
hiut durch die rehtikeit,
von herzen wart mir nie sô leit.
ich bin vor leit nâhen blint.
ich wæn, daz vater nie dhein kint
gewunne, daz im lieber wær.
ôwê diser leiden mær,
diu ich hiut gehœrt hân!
ôwê waz hâst dû getân,
liebez kint und sun mîn?
nû muoz ich immer trûric sîn
und muoz sterben von dir zwâr.’
vor leid brach er ûz sîn hâr
und dar zuo sînen bart.
‘ich wæn, nie lieber kint wart.
doch muoz ich rihten rehte
dem herren und dem knehte.
des kan mich nieman erwenden.’
er begund zehant senden
und hiez des balde gâhen,
sînen sun vâhen,
und saz zuo geriht an der stat,
als in diu rehticheit bat.
[nach oben]
Dô man den sun für in brâht,
gevangen in jæmerlîcher aht,
dô sprach er: ‘lieber sun mîn,
daz dir mîn herz sol vînt sîn,
daz macht an mir diu rehticheit.
doch ist mir dîn ungemach leit.
daz ich dich strâf veterlîch,’
sprach der edel künic rîch,
‘daz hietest dû verdienet wol.
mîn herz daz ist jâmers vol.
daz sol wærlîch nû niht sîn.
ich muoz dich tœten, kint mîn.
dar an hâst dû strâfens genuoc.’
den stoc, die barten man dar truoc
und wolden in enthoubtet hân.
dô sprâchen sîn dienstman:
‘nein, künic, herre mîn,
lâ ez ein ander buoze sîn.
lâ der frouwen geben guot,
daz wol gefreuwet werd ir muot,
daz si nem einen frumen man.
daz geriht sol si wol understân.’
dô sprach der künic ûz zorn:
‘jâ bin ich der verlorn,
riht ich niht nâch gerehticheit.
nû ist in der werlt geseit,
daz nie dhein künic wære
ein bezzer rihtære.
des muoz er lâzen sînen lîp.’
doch sprach daz zornig wîp:
‘ich wil in lâzen leben,
welt ir mir guot geben.’
der künic sprach: ‘des entuon ich niht.
swie übel mir und im geschiht,
er muoz den tôt von mir doln;
des enmac er sich niht verholn:
ân ein dinc sült ir kiesen:
mac ieman den lîp verliesen,
der blint ist und niht gesehen mac?
ist im daz niht des lîbes slac?
jâ ez zwâr, sprach er,
‘ez sî dirr oder der,
der diu ougen hât verlorn,
er möht sîn lieber ungeborn.
sô muoz ich hiut mîn liebez kint
machen an den ougen blint,
moht ir ein urteil vinden mir,
ir lieben herren, alsô schier.
sît mîn sun der junge
von mîm lîb ist entsprungen,
sô mac ez wol ein lîp gesîn,
mîn lîp und der sîn.
da von brechet mir, daz ist mîn ger,
ein oug ûz dem kopfe her,
und brecht dem lieben sun mîn
ein oug ûz, daz muoz sîn.
mit im ich glîche teilen wil
unz an mînes endes zil.’
zehant tet man daz er gebôt.
dâ wurden liehtiu ougen rôt.
[nach oben]
Dar nâch über zwei hundert jâr
bat der heilig bâbst zwâr,
der dâ sant Gregorjus hiez,
daz er die sêl zuo dem lîb liez
und daz si die touf entpfîe.
der bâbst williclîch mit im gie,
dô er die touf an sich genam.
dar nâch er lieb die sünde stân.
des kam der künic frœlîch
in daz êwig rîch.
In wæn, daz ez nimmer mê
geschæch, als ich hân gesagt ê,
daz ein künic sînen lîp
gæb umb ein armez wîp
und durch reht gerihtes nôt.
ir mügen ê tûsent ligen tôt,
ê ez an in alsô ergê.
des schrîent die armen liut wê,
wan in nieman dhein reht tuot,
wan dhein künic lebt, der hab den muot
ûf geriht, als diser künic tet.
dâ von diu werlt in kumber stêt,
wan diu wârheit ist vertriben
und diu unstæt ist bî uns beliben.
[nach oben]
Dar nâch ein künic ze Rôm saz,
der sîns gelouben niht vergaz.
er was zwâr ein kristen.
des wolt in got vristen.
er was der êrst künic zwâr,
der ze Rôm ie offenbâr
was in kristenlîcher ê.
zwâr daz tet den heiden wê.
sîn nam hiez Philippus.
nâch got lebt er mit êren sus
vil gar kristenlîchen.
er wolt von got niht entwîchen
rehtes gelouben unde muot.
er hêt die kristenheit in huot.
er hêt mangen heiden,
die er wolt scheiden
von unrehtem gelouben blint.
er gewan dô ein schœnez kint,
daz hiez nâch im Phylippus;
daz touft der heilig Sixtus,
dô er ze Rôm bâbest was.
ob im sprach er unde las
allez daz er solde,
dô er ez toufen wolde.
er rîchset dâ gewalticlîch
ze Rôm in dem künicrîch
zwâr nâch kristenlîchem sit.
dâ was got geêret mit.
er was ouch unverzagt.
er bekêrt heiden, als man sagt,
zuo der kristenheitm ê.
daz tet Decio vil wê.
der gie zuo dem palast mit gewalt
und sluoc die kristen manicvalt.
noch wil ich mêr kunt tuon,
daz Phylippus und sîn sun
wurden beid ze tôd erslagen.
diu kristenheit begund ez klagen.
[nach oben]
Decius der selb man
nâch im rîchsen began.
er was ein heiden zwâr.
dâ von sô verderbt er gar
di kristen swâ er ir wart gewar.
er was ein übel heiden gar.
des verderbt er ir ân mâzen vil,
die ich iu sümlîch nennen wil.
Sixtum und Felicissimum,
Laurencjum und Agapitum,
siben brüeder und Ypolitum:
swie si der kristenheit wârn frum,
doch hiez er si verderben
und schemlîch ersterben.
des muoz er in der helle brinn,
des wendent in niht sîn sinn.
Decius der künic rîchset ein jâr und
zwên mânôt von gotes geburt zwei hundert jâr und
sehs und fünfzic jâr für wâr.
[nach oben]
Dar nâch rîchsen began
zwên gewaltig man,
der ein hiez Dyoclecjanus,
der ander Maximjanus.
die teilten die werlt und die rîch
under sich gar gewalticlîch
und fuoren in Orientê.
dâ geschach in niht sô wê.
daz selb ist diu stat,
dâ diu sunne ûf gât.
dô fuor ein herr alsus,
der selb hiez Herculius;
gên Occident fuor er.
dâ wart er ân mâzen hêr.
daz ist dâ der sunnen schîn
zergât; dâ muoz ez vinster sîn.
alsô sâzen si dâ schôn.
si wolden die werlt haben ze lôn.
swa den selben drîn wart geseit,
daz diu sælig kristenheit
bæt an got vil kristenlîch,
zehant stôrten si diu rîch,
da die kristen inne wâren.
bî den selben jâren
zerbrâchen si die kirchen gar.
si branten ouch diu buoch für wâr,
diu di werden kristenheit
heten geschriben mit stæticheit.
si hiezen den heiligen Vitum
tœten und Pangracium,
Mauricium und kristen vil,
die ich niht alle nennen wil
noch niht alle genennen kan.
er was nâch Nerône der zehent man,
der kristenheit æhtær,
wan er tôt sie mit swær.
[nach oben]
Dô got niht mêr vertragen wolt,
dô schuof er, als er solt,
daz si beid wurden vertriben,
wan si niht mohten sîn beliben
in dem teil ze Orient
und in dem land ze Occident.
si wurden vertriben in Engellant,
daz ist dem buoch wol bekant.
da wart Dyocletjanus erslagen,
den wil ich hiut noch nimmer klagen.
Maximjanus der unguot
hêt einen grimmigen muot,
dâ von er sich selb erstach.
die kristenheit er selb rach.
[nach oben]
Nu merkt daz ich an dem buoch las,
daz niht keisers ze Rôm was.
dâ sâzen zesamen die kardinâl
und die fürsten, an den die wal
stuonden ze Rôm sicherlîch;
die sâzen in dem palast rîch
und gelobten daz gemein,
daz under in dhein
wær der dheines ezzens pflæg,
der dannen gieng oder læg,
er hiet sîn wal verlorn;
daz lobten die herren hôchgeborn.
daz tribens unz an den tac,
für wâr ich daz gesprechen mac.
diu red ist âne lougen,
in kom allen ze ougen,
si solden nemen einen man,
den ich iu wol nennen kan:
er was geheizen Takpreht
und was ze rehten dingen sleht,
als ich iu bescheiden kan.
er was zwâr ein arm man.
[nach oben]
Dô die herren diu mær
alle vernâmen âne swær,
ieglîcher besunder –
daz was ein starkez wunder –,
si giengen zesamen, als in zam,
ir ieglîcher sprach âne scham.
dô si zesamen kâmen
und ir red vernâmen,
dâ leit ein ieglîcher für,
von dem gesedel unz an die tür,
daz in daz best dûht getân.
do sprach under in ein wîser man:
‘nû hœrt uns alle besunder!
ich wil iu sagen wunder,
iu allen gemeine:
mir ist hiut aleine
ze ougen komen ein man,
den ich iu wol nennen kan.
der ist genant Takpreht
und ist ze rehten dingen sleht.
alsô ist er mir ze ougen komen.
sîn rehticheit hân ich vernomen.’
dô ir ieglîcher erhôrt
des frumen herren wort,
dô sprâchen alle gelîche
die herren sô rîche,
ez wær in ouch ze ougen komen,
si hêten gern daz vernomen,
daz Takpreht der selb man
besæz den stuol wolgetân.
daz wær ir will unde reht.
er möht die krümbe machen sleht.
got hêt ez niht ân sach getân,
daz er sô mangem frumen man
des nahtes wær ze ougen komen.
si heten sîn kunft gern vernomen.
dô sprach ieglîcher besunder:
‘ditz ist ein grôz wunder,
daz uns allen samt gelîch
ist daz mær sicherlîch
komen gar ze ougen.
ditz ist gotes tougen.
wir süllen nû niht erwinden,
man muoz den man vinden,
der unser herr hie sol wesen.
ân herren mügen wir niht genesen.’
die wîl si des râtes pflâgen,
dô begund ir kind betrâgen.
des riten si ûz an daz velt
und sluogen ûf ir gezelt,
sam noch tuont der fürsten kint,
die dar zuo geborn sint.
dô si dâ riten in kurzer wîl
völliclîch ein mîl,
dô widerfuor in âne swær
ein armer eirær.
er truoc ein kretzen ûf dem ruck,
die er hêt manic bruck
getragen unde manigez mos.
er het ze vergelten niht ein ros.
er truoc kæs und hüener vil.
sînen koufschaz ich niht nennen wil.
dô si den eirær sâhen,
do begundens zuo im gâhen.
si sprâchen: ‘got grüez dich, frum man!
iuwern namen nieman nennen kan.
wie ir hie sît genant,
daz ist uns leider unbekant.
ir sült iuch hie nennen,
daz wir iuch mügen erkennen.’
dô sprach der vil arm man:
‘mîn namen ich niht genennen kan,
wan er ist unschœne.
er mac wol heizen hœne,
der mich alsô nennen hiez
und manigen guoten namen liez;
Heinrîch und Kuonrât
als in dem lande umbe gât.’
die juncherren jâhen zehant:
‘iur nam muoz uns werden bekant,
ir entrinnt uns dan von dirre stat.
den namen wellen wir wizzen drât.’
dô sprach der vil arm man:
‘sît ich iu niht entrinnen kan,
sô wilich in iu hie nennen,
daz ir in müget erkennen.
er ist mir doch vil swær:
Takpreht der eirær
alsô bin ich gênant.’
si seiten: ‘sô sint iu diu lant
wærlîch alliu undertân.
die fürsten iuch erwelt hân:
in dem keisertuom habt ir gelimpf.’
Takpreht sprach: ‘lât den schimpf.
lât mich gên, daz stêt iu wol,
mîns koufes ich hie pflegen sol.’
dô jâhen der fürsten kint gelîch:
‘ir werdet keiser sicherlîch,
als wir vor haben gehœrt;
vil manigen ir von dem leben stœrt.’
si gâben im an fremdiu kleit.
dar zuo wârn si bereit.
si sâhen einen vischær,
dem wart daz dâ vil swær:
si nâmen im dâ sîn netz
und gâben im dâ die letz,
daz si in zersluogen.
sin red si im niht vertruogen.
Takprehten leiten si ez an
und fuorten in in die stat dan
vil snelliclîch unde drât
hinz Rôm zuo dem rât.