Nach der Ausgabe von Philipp Strauch.
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Seite enthält die Abschnitte:
Dâ mit der bot kêrt dan
dâ er den künic sach stân.
als im wol gezam, ûf dem velt
dâ was geslagen sîn gezelt,
daz was edel und rîch genuoc.
den stein er schôn für in truoc
und seit im dô die mære,
von welher natûr er wære,
reht als im der alt man
von dem stein hêt kunt getân
und reht als er im hêt geseit.
daz was dem künig vil leit.
er sprach zuo sînem knehte:
‘ginc und brinc mir rehte
snell und niht trâge
ein vil gelîche wâge!
ich muoz bî mîner wârheit
besehen, ob er mir wâr hab geseit.’
ein wâg wart brâht drâte,
daz was des âbends spâte.
dar ûf leit er den stein.
schœnes golt vil rein
leit er dar gegen ein michel teil.
doch gewan der stein daz heil,
daz er für wegen began.
dô sprach der gewaltic man:
‘gê, brinc mir silbers alsô vil,
dâ ich mit widerwegen wil
den vil wênigen stein;
sîn kraft ist grôz und niht klein.’
dô wart zehant daz silber brâht,
als im der künic hêt gedâht.
dem stein sazt er lâg.
er leit sîn vil ûf die wâg:
dâ widerwac der klein stein
daz silber allez gemein.
der künic dô ûz zorn sprach,
wan ez was im ungemach:
‘der stein wirt niemêr sô stolz,
ich leg gên im sô grôzez holz,
daz in wol widerwegen mac,
die wîl mir liuhtet diser tac.’
dô man vil holzk zer wâg truoc,
dannoch was der stein sô kluoc,
daz er wac für ein michel teil.
daz was des küniges unheil.
daz begund maniger prîsen.
er sprach: ‘gewinnet mir îsen,
einen guoten zentnær!
der stein ist niht sô swær,
ich leg des îsens dar zuo vil,
da mit ich in widerwegen wil.’
vil îsens man im brâht dar.
des nam daz volc vil wol war,
daz der stein für zôch,
dâ von in diu sæld flôch.
nâch blî der künic sante;
zuo einem knollen man ez rante.
er sprach: ‘swie starc der stein sî,
ich wig gên im swærez blî,
daz in gar widerwegen mac,
und wær er swærer dan ein sac,
der gar ist vol von korne
oder von starkem horne.’
dô man daz blî zer wâg truoc,
dannoch was der stein sô kluoc,
daz er daz blî widerwac.
für wâr ich iu daz sagen mac,
ditz starc wunder
wundert si all besunder.
flô sprach der künic hôchgemuot:
‘ditz wunder mir vil leides tuot.’
und dô der bot erhôrt diu wort,
er sprach: ‘ich wil iuch an ein ort
bescheiden ân falschen list,
wie ditz dinc ergangen ist.
der alt man ûz dem paradîs,
der sprach, ir wæret gar unwîs,
daz ir wider got welt streben
und umb sîn gebot niht geben.
des nam in michel wunder.
er sprach, swie wênic besunder
den stein widerwegen möht
daz ûf dem ertrîch töht,
als wênic moht nieman mit dem leben
der heiligen gotheit wider streben.
ich muoz dir, herr, reht spehen,
des er hât gên mir verjehen:
er jach, swer den starken stein
fült mit erden klein,
sô möht in ein kleinz federlîn
widerwegende sîn.
daz gelîchet er, herr rîch,
gegen dir vil sicherlîch.
er giht, als dich der tôt bestê
und als diu erd über dich gê,
sô sî ein kleinez keverlîn
sterker dan dû mügest gesîn.’
dô hiez der herr springen,
die wâg hin wider bringen
unde hült dô den stein
mit einer erd diu was klein.
noch sach er ein wunder grôz,
des sînen lîp sêr verdrôz,
daz ein kleinez federlîn
widerwac daz steinlîn.
zehant dô er daz wegen gesach,
wider sîn liut er dô sprach:
‘ich sich nû wol an disem stein,
daz er umb mînen gewalt klein
gît und umb mîn gebot,
der vil gewaltig got;
als mir der bot hêt geseit:
daz hân ich für ein wârheit.’
[nach oben]
Ich sag ouch, wie alt er was,
als ich ez an dem buoch las:
dô er rîchsen began,
der vil gewaltig man,
ich mein hern Alexander,
dem der stein was ze swær,
dem hât man schôn gezalt,
er wær zwelf jâr alt.
dar nâch fuor er fünf jâr
mit her und mit breiter schar.
doch hêt er friundinn genuoc.
under in ein die krôn truoc,
diu im diu liebst was under in,
der truoc er vil hôhen sin,
wan si was ein flætic wîp
und wol gestalt umb iren lîp.
zuo der sprach er mit sinne:
‘dû bist ein küniginne!’
vil dick er ir vor lieb swuor.
swâ der künic mit her hin fuor,
dâ muost si allez mit im varn;
vor lieb kund er niht gebârn
gegen der küniginne,
sô er sie wolt minnen.
ich wæn daz ouch nie man
sô liebes wîbes nie gewan.
[nach oben]
Ze einen zîten der künic zuo ir sprach,
dô er sie alsô schœn sach:
‘getar ich mich an dich verlân,
schœniu frou wolgetân,
daz dû dîn triu, dîn êre
an mir behaltest sêre,
sô wil ich lîp und leben
in dîn hant geben.’
dô sprach si: ‘lieber herr mîn,
solt ich ertrinken in dem Rîn
und wider lebendic werden
und gên ûf der erden,
sô wolt ich, lieber herr mîn,
dir undertænic sîn:
dar umb ich lîp und leben
wil in dîn genâd geben.
ob dir geschæch kein leit,
ich wolt ê lîden arbeit
mêr dann ie kein wîp getruoc.
ich hân êren genuoc
bî dir, lieber herr mîn.
wie kund mir iemer baz gesîn!
beidiu silber unde golt
hân ich von dir und rîchen solt.
mir dient manic dienstman,
wan ich dich ze herren hân.
bræch ich an dir die triu mîn,
sô müest ich wol geschant sîn,
wann nie kein wîp sô lieben man
von herzen alsô liep gewan.
solt ich an dir die triu mîn
zerbrechen, ich wolt in dem Rîn
mich wærlîch ê versenken
und mich selb ertrenken.
ob dir ein finger swüere,
swie halt ich gefüere,
ich wolt verliesen ê mîn hant.
ich hân von dir liut und lant.
daz dir leit von mir wurd schîn:
ich verlür zwâr diu ougen mîn.
ê daz dir geschæch von mir nôt,
ich wolt ê kiesen den tôt.
dû bist gar mîner ougen wunn.
den himel und die sunn
næm ich niht für dîn wîs
noch daz edel paradîs.’
[nach oben]
Do der herr Alexander
erhôrt von der froun die mær,
daz si im wolt getriu sîn,
er sprach: ‘liebe frou mîn,
ich wil mich an dîn triu lân,
swie ez mir sol dar umb ergân,
wan ich nieman getrou sô wol,
als ich für wâr nû sprechen sol,
wan ich bin über daz ertrîch
gewaltic hie sicherlîch.
sô ist allez mîn her
hie nâhen bî dem mer.
dâ von muoz ich sehen,
wan mîn ougen wellent spehen,
waz wunders in dem mer sî;
des wil mîn herz niht wesen frî.
[nach oben]
Vil wunderlîch er dô was.
er hiez bereiten ein glas
vil michel und vil wît
an der selben zît;
mit îsen was ez wol beslagen.
daz hiez er an daz mer tragen.
dar în sô gie ein türlîn,
daz niht kluoger moht gesîn.
ein keten lanc unde guot
gienc an des meres fluot.
dar an sô hie daz starc glas,
daz dâ sô schôn behüetet was.
dar în sô saz der künic zehant.
einen hunt, ein katzen man vant
und einen hanen, als man sol,
der kræget ân mâzen wol,
dâ mit er die tagzît
west von im alle zît.
spîs man dar în leit genuoc,
wan er was ân mâzen kluoc.
er sprach: ‘liebiu frou mîn,
ich lâz mich an die triu dîn,
wan ich getrou nieman sô wol,
für wâr ich dir daz sagen sol.
dâ von ich lîp unde leben
wil in dîn genâd ergeben.
die keten nim dû in die hant,
dîn triu ich hân vil wol bekant.
dâ von ich dir getrou wol,
sît dîn lîp ist êren vol.’
dô sprach diu frou alsô guot:
‘dîn leben hân ich in mîner huot
mit zühten und mit sinnen.
mîn hant müest mir verbrinnen,
ê ich die keten wol bekant
liez ûz mîner zesem hant.’
[nach oben]
Dâ mit er sich ze tal liez.
diu frou im vil wol gehiez,
daz si in schôn wolt bewarn,
unz er ûz dem mer wolt varn.
ein zeichen tet er ir bekant,
sô er wolt varn an daz lant,
daz si in dann ûz fuort,
sô er mit kreften die keten ruort.
dô lobt si im stæte,
daz si daz gern tæte.
in dem mer er dô was
und sach vil wunders durch daz glas,
einen visch sach er für sich gân,
daz sô grôzez nie kein man
bî sînen tagen hêt gesehen,
des muoz ich von schulden jehen.
was daz niht ein grôziu aht?
der visch drî tag und drî naht
gienc hin für daz glas,
dâ er inn verslozzen was,
daz er den zagel nie gesach.
der visch hêt ûf im ein dach
von holz, daz er ûf im truoc,
daz was wunderlîch genuoc.
[nach oben]
In der zît dô kom ein man
zuo der frouwen gegân,
der warp umb sie sêre.
er sprach: ‘ich wil dich mêre
êrn dann Alexander.
dû bist ein frou êrbær
und bist schœn unde junc.
tuo von der keten einen sprunc
und var mit mir ze land heim,
ich mach dich frou dâ alein.
Alexander hât vil friundinn
zuo dir, edliu küniginn;
des muost dû von mir haben rât
an einer ieslîchen stat.
dar zuo tuon ich dir bekant
beidiu bürg und ouch diu lant.
lâ die keten in daz mer,
sô wirt zerfüert hie sîn her.’
dô sprach diu frou wol getân:
‘sol ich im dienstes ab gestân?
des hât er doch verdienet niht.
swaz im leides von mir geschiht,
daz muoz mich immer riuwen.
ô wê mîner triuwen,
sol ich die an im brechen!
waz sol ich an im rechen?
wan er mir dhein leit nie getet.’
der heiden aber mit ir ret
und warp umb sie unz an die zît,
daz si ân allen widerstrît
die keten in daz mer lie;
den heiden si lieplîch zuo ir vie.
[nach oben]
Dô daz her Alexander
vernam, daz die keten swær
bî im in dem mer lac,
dô sach er einen leiden tac.
er gedâht in sînem muot:
wie kum ich ûz dem fluot
mit allen mînen sinnen,
daz ich müg entrinnen?
er gedâht: mir ist oft geseit,
daz in dem mer niht unreincheit
geligen müg, in des meres sant,
ez slach ez ûz an daz lant;
dâ von wil ich mit nœten
mîn katzen hie tœten.
die katzen tœtt er zehant,
daz bluot streich er an die want.
dar nâch daz mer mit sinne
wart des bluotes inne,
dô sluoc ez in ûz an daz lant.
daz wart manigem dâ bekant.
ûz dem glas ûf der stat
ûf den sant er dô trat.
dô seit er grôziu wunder
daz er allez besunder
hêt gesehen in dem mer;
daz seit er allez sînem her.
daz her im engegen lief.
vil lût, vil vast ez allez rief:
‘willikomen, edeler künic hêr,
wir vorhten dînes lebens sêr.’
dâ mit kêrt er zehant
zuo der frouwen ûf den sant
und wolt die ertœtet hân.
dô hêt der heidnisch man
die frouwen schôn gefüert dan,
do er in sach ûz dem glas gân.
[nach oben]
Dô er der frouwen niht envant,
er sprach: ‘mir ist daz bekant,
daz ich in dem mer hân gesehen
vil wunders, dese muoz ich jehen.
nû west ich gern die mære,
waz in dem himel wære.
daz wil ich wærlîch
versuochen,’ sprach der künic rîch.
dâ mit der künic vest
hiez stîgen zuo einem nest,
dâ lâgen jung grîfen an.
die brâht man dem künig dan
dâ er saz mit sîner krôn.
er sprach: ‘ziehet mir di grîfen schôn!
ich wil ze himelrîch varn;
den lîp ich dar zuo kan bewarn.’
dô ieglîch grîf fliegend wart,
dô wart niht lenger gespart,
er hiez einen sezzel schôn
bringen und mit sîner krôn
zuo dem sezzel zehant
zwô stark stang, die man vant
und an den sezzel guot
der künic dô vil wol gemuot
hiez binden mit starken îsen.
er sprach: ‘lât iuch bewîsen:
die grîfen lât hungric sîn
drî tag, daz ist der will mîn.
gêt her und bindet mich schôn!
dar umb gib ich iu ze lôn
silber und daz rôte golt
und bin iu mit triuwen holt.’
[nach oben]
Dar nâch wart niht vermiten,
ein hirzîn hût wart versniten
ze riemen schôn, als im gezam.
dô saz er gar ân alle scham
ûf den sezzel zehant.
mit den riemen man in bant
in den sezzel dâ ze stunt;
vil wunders wart im dâ von kunt.
zwei âs man an die stangen bant.
die grîfen truoc man dar zehant,
daz was an dem morgen fruo,
und bant die ouch den stangen zuo.
die grîfen wârn hungervar,
des nam der künic wol war:
die stangen er gên himel raht,
dâ von daz âs allez blaht.
dô fuorten in die grîfen schôn
gên dem himelischen trôn.
si fuorten in ûf in den lüften;
dâ mit wolt er güften.
dô er sô hôch kom gevarn
zuo den himelischen scharn,
dô kom zuo im ein stimme,
diu sprach zuo im mit grimme:
‘Alexander, wâ wil dû hin?
dû hâst nindert rehten sin.
wil dû wider die gotheit
streben, daz wirt dir leit,
dû wirst lîden arbeit
und immer werndez herzenleit.
dâ von sô sag ich dir,
daz solt dû gelouben mir,
in den himel kümt nieman,
wan der ez verdienen kan.
dâ von dîn varn ist mir unmær,
vil tumber Alexander.’
[nach oben]
Dô der künic erhôrt
der stimm zornigiu wort,
dô sprach er vil schôn:
‘vil süeziu stimm, daz lôn
wil ich haben von dir,
daz dû mir drât und schier
sagest, wâ ich hin süll varn,
sît ich niht mac zuo der engel scharn.’
diu stimm sprach: ‘ûf daz ertrîch
solt dû varn sicherlîch
zwâr an disem tag,
für wâr ich dir daz sag,
daz ist dir ân zwîfel guot.’
er sprach: ‘ich sich niur einen huot
sweben in dem wazzer rîch.’
diu stimm sprach: ‘dâst daz ertrîch,
daz dû dort sihest sweben,
in dem wazzer an heben.
da solt dû varn ûf mit grôzer nôt,
wil dû niht kiesen den tôt
und vil grôzen smerzen
an lîb und an herzen.
var nider ûf daz ertrîch,
daz rât ich dir sicherlîch.
des solt dû volgen mir,
tuo ez ân zwîfel schier.’
[nach oben]
Zehant her Alexander
begreif die stangen swær
mit angst und mit nôt.
im was vil nâhen der tôt.
er neigt si ûf di erd nider.
dô fuorten in die grîfen wider
her ab ûf daz ertrîch,
daz wizzet sicherlîch.
dô er von himelrîch was komen,
als ir habt vernomen,
dô was er komen von sînem her;
er hêt ez lâzen an dem mer
wol anderhalp hundert mîl,
die hêt er gevarn in einer wîl.
er was ân mâzen kluoc:
die stangen er hinden ab sluoc
unde lie die grîfen varn,
dâ von maht er sich bewarn.
die riemen er dô lôst.
dâ von hêt er keinen trôst,
wie er zuo sînem her bequæm
und si in alle dâ vernæm.
dô kêrt er wald unde velt,
er hêt verlorn sîn gezelt.
daz gewant zert er von dem lîb sîn.
diu armuot wart an im schîn.
diu armuot vast mit im ranc.
er hêt mangen bœsen gedanc,
wan er niht an den füezen truoc,
des was sîn gên unsælic genuoc.
sîniu bein bluoten über al.
sîn hût hêt streif âne zal,
wan in diu sunn hêt verbrant.
alsô gienc er durch diu lant.
der hunger tet im grôz nôt:
also waser von unmaht nâhen tôt.
[nach oben]
Alsô gienc er, daz ist wâr,
völliclîch ein ganzez jâr.
sîn hût was als einem môrn.
man hêt in für einen tôrn,
swâ er in dem lande gie;
im geschach sô wê nie.
alsô gie er durch diu lant.
ze jungst er sîn her vant.
dô er zuo in sô nâhen gie,
ir keiner in dô niht enpfie,
wan in nieman dâ erkant,
des muost er lîden grôz schant.
er sprach: ‘wie tuot ir herren sô,
sît ir niht mîner künft frô,
daz ich her wider komen bin?’
si sprâchen: ‘ir sît âne sin.
gêt hin! ir sît ein tôr.
nu ist iuwer hût als ein môr.’
dô sagt er in mit grôzer swær:
‘erkennt ir niht Alexander,
iuwern künic den rîchen?
daz bin ich sicherlîchen.’
dâ mit ir einer in erkant.
er sprach: ‘mîn herr über alliu lant
ist er vil sicherlîche,
der edel künic rîche.’
der selb im niuwe kleider sneit
und gap im durch sîn frümcheit
ros, pferd, harnasch guot,
des wart gefreut dô sîn muot.
[nach oben]
Dar nâch betwanc er alliu lant,
als ich ez geschriben vant,
und dar nâch huop er sich von dem her,
daz dâ lac bî dem mer,
wan ez im gerâten wart,
daz er selb zwelft an die vart
füer und nieman mêre;
daz tet der künic hêre.
er kom zuo einem boume,
des nâmen di sînen goume.
des boumes pflac diu sunne,
dâ von hêt er vil wunne.
dar ûz sô sprach ein stimme
vil lis und niht grimme:
‘wâ wil dû hin, künic hêr?
ze land kümst dû nimmer mêr.’
des wart er trûric und unfrô.
zuo dem andern boum kêrt er dô,
des pflac der mân alsô lieht.
als er den boum an siht,
dô sprach er zuo sînem rât:
‘der boum der dort ein stât,
dâ mac ein stimm wol inne sîn,
daz ist an sînen esten schîn,
die sint schœn unde breit.
diu stimm ûz dem boum seit:
‘kêr wider, Alexander,
dîn rîten daz wirt dir swær.
dû kümst niht wider in dîn lant,
daz ist mir wærlîch wol bekant,
dû lîst ûf dem weg tôt.’
dô kêrt er wider, des gie in nôt.
er sprach ûz grôzem grimme:
‘sag mir, süeziu stimme,
wie daz süll an mir geschehen.’
si sprach: ‘daz wil ich dir verjehen:
dir wirt vergeben mit swær
von dînem næhsten kamrær.’
vil flîziclîch er sie dô bat
under dem boum an der stat,
daz si im sagt die mær,
welicher man ez under in wær.
si sprach: ‘des ensag ich niht,
von wem dir ditz leit geschiht.’
[nach oben]
Dâ mit kêrt der künic guot
von dannen mit trûrigen muot
zuo dem her, dâ ez lac.
er hêt manigen leidigen tac.
mit dem her fuor er von dan.
vil smerzen, siechtuom er gewan,
wan in twanc grôziu nôt.
er lac dâ ân zwîvel tôt:
sîn næhster kamrære
tet im den tôt mit swære;
mit gift tet er im daz leit,
als im diu stimm hêt geseit.
dô rîchsent Alexander für wâr
gelîch vier und zweinzic jâr.
[nach oben]
Ich wil iu ouch tuon bekant,
daz in Syria dem lant
was ein künic gewalticlîch.
der selb was ân mâzen rîch,
Teulucus sîn name hiez.
vil mangen er von dem leben stiez,
der in sînem lande saz;
vil lützel geloubt man im daz.
dô tet er in die mær bekant,
swer in botschaft wart gesant
zuo im und sagt im daz mær,
daz sînem herzen was swær,
den hiez er tœten an der stat
unde schuof daz îlen drât.
[nach oben]
Ze einen zîten lac sîn sun tôt;
dô gewan angst und nôt
sîn muoter, diu in hêt getragen,
diu begund weinen unde klagen.
zuo einer juncfroun sprach si ze stunt:
‘ginc, tuo ez dînem herren kunt,
daz sîn sun mit grôzer nôt
ist in mîner schôz tôt.’
diu juncfrou was klâr,
ir wengel rôsenvar,
ir hâr als die sîden lieht,
ich wæn, ez nimmer mêr geschiht.
also jæmerlîch gie si dan
hin für den herren stân.
si sprach: ‘lieber herr mîn,
wolt ir niht zornic sîn,
ich sagt iu hie mære,
liezt ir iuwer swære.’
er sprach baldiclîch: ‘nû sprich,
war umb hâst dû beswært mich?’
si sprach: ‘mîn juncherr ist tôt
in mîner frouwen schôz mit nôt.’
dô ruoft er sînen knehten dar,
der stuont vor im ein michel schar.
er sprach: ‘gebt ir daz botenbrôt
hie ze stet mit grôzer nôt,
alsô daz daz houbt ir
werd ab geslagen schier.’
daz wart dô schier getân,
des maht man niht understân.
[nach oben]
Dar nâch stuont ez unlanc,
unz ein grôz menig dranc
in sîn lant bî den jârn,
wan si sîn vînt wârn.
dâ von geschach roup und brant
über alliu sîniu lant.
si wârn im leide geste.
sîn knapp der niht enweste
des zornigen küniges muot,
der saz ûf ein ros guot
und reit bald dâ er sach stân
den vil grimmigen man.
er sprach: ‘herr in dîn lant
ist komen roup unde brant.
die vînt vâhent wîp und kint
und füerent hin schâf und rint.’
diu red wart dem künig swær.
er sprach: ‘dû rehter trugnær,
dû solt der red geniezen niht.’
den êrsten knappen den er siht
und dar zuo wol zwelf man
hiez er von der bürg gân,
in füeren gewalticlîch.
er hiez im sicherlîch
daz houbt slân von dem lîb sîn.
er tet im sînen zorn schîn.
[nach oben]
Dâ daz allez wart getân,
do begunden rîten unde gân
die vînt für die burc her.
nieman sazt sich ze wer:
sîn getorst nieman gesagen,
daz man die vînt sach tragen
leiter ân mâzen lanc;
an die burc man si swanc,
und stigen williclîch dar in,
daz wart des küniges ungewin.
dâ mit die sînen alle
giengen für mit schalle:
si sprâchen: ‘kûnic alsô rîch,
getar man noch bescheidenlîch
dir ditz mær sagen,
daz man dîn houbt sol tragen
von dir in den burcgraben?
wil dû ez für die wârheit haben?’
dô wart der künic vil unfrô.
zuo den sînen sprach er dô:
‘von wiu ist daz mære
entsprungen? dâst mir swære.’
si sprâchen: ‘herr unverzeit,
dû sihest iezunt die wârheit,
die vînt zuo dir her în gân.’
dô sprach der künic wol getân:
‘ôwê mîner swære!
ich hœr nû leidiu mære,’
sprach der künic bermclîch,
‘mîn lîp und mîn künicrîch,
daz ist mir allez samt entseit;
ich sich nû leider die wârheit.’
den künic si dô viengen.
mit im si frœlîch giengen
oben ûf die brucke;
man leit in an den rucke
und sluoc im daz houbt ab,
des hêt sîn lîp kleine hab.
[nach oben]
Nâch dem rîchset alsus
ein künic hiez Antiochus,
der stiftet ze Antioch die stat,
als in sîn will bat,
und rîchset dâ vil schône
und truoc aldâ die krône.
Hie hebent sich die priester an, die dem volk vor wârn
vor gotes geburt unz daz got geborn wart: Aaron, Eleazar, Finees, Abisue,
Bocci, Ozi, Zacharias, Maraioth, Amarias, Achitob, Sadoch. Dô David
rîchsenet, dô wârn die priester under im und verrihten
daz volc in der zît: Achimaas, Azarias, Achitob, Sadoch, Johanna,
Azachias, Amarias, Achitob, Mosella, Azarias. Ditz sint die alle.
[nach oben]
Dar nâch ein künic ze Rôm saz,
der was genant Ezechias.
nâch den priestern rîchset er;
er was ouch niht ze hêr,
des was er got ein lieber man.
einen engel sant er dan
zuo Jesayam dem prophêt,
wan er in selber liep hêt.
er sprach: ‘lieber engel hêr,
sage Jesayam, daz er
gê zuo Ezechiam
und red mit im ân alle scham,
daz er sich füder, er süll sterben
und an dem lîb verderben,
des müg sîn kein rât;
lâz in riuwen sîn missetât,
daz ist im an der sêl guot,
ob ich gên im werd ungemuot.’
zehant her Ysayas
tet daz got liep was:
der gie zuo dem künig hêr,
wan er vorht got vil sêr:
die botschaft sant er im zehant.
er sprach: ‘herr über daz lant,
dû solt dich dar nâch kêren,
got wil dîner êren
niht mêr ûf dem ertrîch,
dû muost sterben sicherlîch.’
zehant der künic siech wart,
dô im diu botschaft kunt wart;
im wart ein bett bereit.
als man von im für wâr seit,
er kêrt sich umb zuo der want,
er sprach: ‘got, süezer heilant,
süln mîn tag alsô zergân
unde muoz mîn leben lân,
sô weiz ich wol, daz dîn gewalt
gêt über daz ertrîch manicvalt.
nû solt dû dich, herr, erbarmen
über mînen lîp vil armen
und gedenk, herr, dar an,
daz mir nieman gehelfen kan,
unde lâz, herr, dînen zorn,
daz mîn leben iht sî verlorn.
dû bist, herr, der vater mîn.
nieman mac mir helfent sîn,
wan dû bist der helfær;
nû ring mir, herr, mîn swær.’
also bat er sunder tougen
mit sînen nazzen ougen,
wan er weinen begund.
alle wîs als er kund
bat er die gotheit sêre,
unz got der vil hêre
erhôrt sîn gebet.
den engel sant er dô ze stet
aber zuo Ysayam.
er sprach: ‘dem künig âne scham
sage, got hab erhœrt sîn riezen,
sîn wazzer sach er fliezen
von sînen ougen hin ze tal;
nû sag im ân allen schal,
er süll noch fünfzehen jâr leben,
diu hab im got zuo gegeben.’
dâ mit gie Ysayas
zuo dem künig Ezechias.
er sprach: ‘gehab dich wol, lieber man,
got wil dich lenger leben lân.
er hât dir geben zuo dînen tagen,
daz ich dir wil für wâr sagen,
fünfzehen jâr, daz ist wâr,
diu hât er dir gegeben gar.’
dô der künic erhôrt
des wîssagen wort,
dô was er frô und wart gesunt,
dô im wart diu botschaft kunt.
dar nâch gewan er rîchtuom und guot,
des wart er vil wolgemuot,
und rîchset fünfzehen jâr,
als im der wîssag sagt für wâr.
[nach oben]
Dar nâch rîchset ein künic sus,
der hiez mit namen künic Atus,
der was ein gewaltic man,
als ich vor mir gehœrt hân.
er hêt ein schœn kindelîn,
daz im niht lieber moht gesîn,
daz hêt er bî der küniginn,
er hêt ez liep in sînem sinn.
eines tages wolt er manicvalt
rîten birsen in den walt,
und jagt dâ hirz und rêch vil,
dâ mit sô hêt er dâ sîn
spil.
des wâs er vrô und wol gemuot
und beleip ûf den âbent guot.
dâ wart im diu spîs bereit
vil wunderlîch, als man seit.
dô si dâ gesâzen,
getrunken unde gâzen,
dô sach er ûf an daz gestirn.
er sprach: ‘ich enpfind an dem hirn
und sich daz von der wârheit wol,
daz ein kint von mir komen sol,
daz wirt gewalticlîch
in dem künicrîch;
im mac kein gewalt vor gestân.’
dô sagt zehant sîn dienstman:
‘ich hân gesehen ein schœn meit,
diu sol dir sîn hie bereit,
diu ist vil êrbære.
diser mülnaere
der ist ir vater,
alsô wîzer unde sater.
mit der solt dû dînen willen hân.’
daz wart der magt kunt getân.
die wîset man im ze lôn
in einen stadel schôn.
[nach oben]
Dô stuont ez unlanger,
eines kindes wart si swanger.
si was geheizen Pilâ,
daz las ich an dem buoch sâ.
dô si daz kint nâch frouwen reht
getruoc, zwâr ez was ein kneht.
dem kind was diu frouwe holt.
si sprach, wie man ez nennen solt.
dô sprach der mülnær,
der guot und der êrbær:
‘sît sîn muoter heizet Pilâ,
dâ bî sîn vater iesâ
ist geheizen Atus,
dâ von sol ez Pylatus
heizen hie an diser stat,
wan ez die namen beid hât
nâch dem vater und der muoter sîn.’
dô wart der nam dem kind schîn.
der künic sant dô nach im,
daz dûht die muoter ein gewin.
man zôch in schôn unz an sîn stat,
wan ez der künic ziehen bat,
unz dem kinde wart gezalt,
ez wær sicher zwelf jâr alt.
dô lief des küniges kint zwâr
ûf dem hof offenbâr,
daz er bî der küniginne
hêt, die er solt minnen.
mit dem kind lief alsus
stæt daz kint Pylatus.
[nach oben]
Eines tages daz geschach,
daz des küniges kint sprach:
‘dû solt dich niht gelîchen mir!
zwâr und wærn dîner vier,
die wurden mir niht gelîch
hie in disem künicrîch.’
dô wart Pylato zorn.
er sprach: ‘ich bin als wol geborn
als dû! ich bin des küniges kint!’
‘ich mach dich an den ougen blint,’
sprach daz reht kint zehant,
‘nû ist daz vil wol bekant,
daz dû mîn kneht soldest wesen;
ich lâz dich nimmer genesen.’
nû sült ir hœrn, wie ez ergie:
Pylatum er bî dem hâr gevie
und rouft in alsô sêre.
er sprach: ‘dû solt niht mêre
dich mit mir bewerren hie.’
Pilatus dô ein mezzer gevie
und stach des küniges kint ze tôt,
des kom er sît in grôze nôt.
der künic hiez Pylatum vâhen.
er sprach: ‘ich wil in hâhen;
er muoz tôt ligen hie ze stet,’
alsô der künic ûz zorn ret.
dâ mit ein alter heiden sprach:
‘dû wil dir grôzen ungemach
prüeven von des kindes tôt.
dû klagest sêr, des gêt dich nôt,
dû hâst vil herzensêr,
doch wirt dîner klag mêr,
ich mein, ir wirt zwir als vil,
ist daz dû niht erwinden wil
dîner klag mit grôzen nœten.
wil dû Pylatum tœten,
sô hâst dû beidenthalben verlorn:
dû solt twingen dînen zorn.’
[nach oben]
Atus gedâht im drât:
ich wæn, ez wær ein missetât,
ob ich tœtt mit angst in nuo;
ich lâz in leben unz morgen fruo.
in der naht er im gedâht:
ich wil in senden bî der naht
in einen wert wol getân,
dâ muoz er wilder inne gân
und muoz dâ lîden grôze nôt
umb mînes lieben kindes tôt.
diu red ist âne lougen:
er sol mir under mîn ougen
wærlîch nimmer mêr komen,
ich hân niht tugent von im vernomen.
dar nâch dô er die naht erkant,
inc einen wert er in sant
und wânt, er wær sîn worden ân.
dô kom ein man zuo im gegân
der was ein wildenære,
dem was sîn klagen swære,
daz Pylatus dâ tet.
gegen im er zühticlîchen ret:
‘gehab dich wol, liebz kindelîn,
ich muoz zwâr dîn vater sîn.’
er wîst ez schôn in sînen gemach.
vil wol im dâ von im geschach.
er hiez ez nemen des wildes war
manigen tac unde jâr,
unz sîn vater Atus
starp in sînem rîch alsus.
[nach oben]
Dar nâch huop sich roup und brant.
mit unfrid stuont daz lant,
wan ir einer niht den andern lie:
mit roub ir ieslîcher umbe gie.
sich huop ein michel werren,
wan si hêten niht herren,
des muost daz lant den liuten leiden.
dô sprach ein alter heiden:
‘wir leben zwâr hie niht wol,
daz lant ist bôsheit vol.
des ist daz leben uns enwiht.
hieten wir ein herrn, sô wær sîn niht.’
alsô sprach der grîs man:
‘ez enmöht anders niht ergân,
ich riet gern, ob wir funden sus
mînes herren sun Pylatus,
der ist doch mînes herren kint.
die liut die in dem land sint,
die wærn im billîch undertân,
sît wir niht einen herren hân.’
der rât begund in allen
vil reht wol gevallen.
dar nâch santen si zehant
in ein insel, in ein lant,
unz si Pylatum funden.
si fuorten in ze den stunden
und swuoren im dô alle.
ir herr wart er mit schalle.
bî in hêt er guoten gemach,
unz er ein swert durch sich stach.
daz was von sîner veicheit,
daz er den tôt alsô leit
und im selber tet den tôt,
dâ von leit er grôze nôt.
[nach oben]