Nach der Ausgabe von Philipp Strauch.
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Seite enthält die Abschnitte:
Dô er dient schôn alsus,
diu lieb frou frou Venus
riet der küniginne schôn,
daz si Paris gæb ze lôn
ir tocken, die si heimlîch truoc.
frou Venus diu was alsô kluoc,
daz si vil tougen dar was komen
und hêt schôn von ir vernomen,
daz der minnestricke bant
hêt ir gevangen herz und hant
und ir liehtez mündlîn rôt,
daz si von Paris nâch den tôt
hêt genomen alsus:
daz riet diu lieb frou Venus.
[nach oben]
Waz sol ich dâ von sagen me?
Paris dem tet diu minne wê.
swie er doch wær ein heiden,
swenn er von ir solt scheiden
und sie vor huot niht moht gesehen,
daz tet im wê, des muoz ich jehen.
doch ze einen zîten daz geschach,
er gedâht: solt ich den ungemach
immer an mînem herzen tragen?
ich wil der küniginne sagen,
ob si sich well erbarmen
über mînen lîp vil armen.
doch was der küniginn alsam,
ir grôz zuht und ir scham
liez sie irn kumber niht klagen,
si muost ez verholen tragen.
swie grôz ir kumber wære,
si muost dise swære
tragen an irem herzen;
dâ von hêt si smerzen.
[nach oben]
Dar nâch eins tages wolt si gân
und wolt ir abgot rüefen an
vil gar nâch heidenischem sit.
frou Venus gie alzît mit,
wan Venus bediutt diu minne.
si sprach zuo der küniginne:
‘frou, welt ir Paris tougenlîch
sehen, vil edliu künigin rîch?
wan er hât mich zuo iu gesant
unde hât iuch tiur gemant,
swaz er iu dienstes hât getân,
des sült ir in geniezen lân.
er hât zerbrochen manic sper
durch iuch, küniginne hêr,
daz ist iu wol von im kunt.
er lobt sêr iuwern rôten munt
und iuwern wol gestalten lîp.’
dô sprach daz minniclîch wîp:
‘frou Venus, edliu Minne,
swie ich doch sî küniginne
und frouwe über Kriechen lant,
sô muoz ich iu tuon bekant
mîn swære, die ich von im hân;
mîn lîp muoz schier zergân
und wærlîch von im sterben,
ich muoz von im verderben.
daz sag ich, Venus frouwe mîn,
ûf die genâde dîn;
dû bist ein stric, der minne bant.
sol mir Paris niht werden bekant,
sô muoz mîn lîp sterben
und vil gar verderben.’
[nach oben]
Dô sprach Venus diu Minne:
‘vil werdiu küniginne,
geloubet mir daz mære:
ich bringe in iu ân swære
für iuwer abgot daz hie stât,
wan er mir des gesworen hât,
daz er iuch nimmer welle verlân,
er welle iuch mit im füeren dan
gegen Troyen in die grôzen stat,
alsô er mir gesagt hât;
und welt ir mit im varen dan,
er welle iu machen undertân
zwei tûsent schśner frouwen,
des sült ir im getrouwen,
unde tûsent dienestman
müezen iu wesen undertân
alle zît und alle tag.
welt ir, daz er iuz selber sag
bî der zît an diser stat,
wan er mich sîn gebeten hât?
hie mac iuch beidiu nieman spehen
noch iuwer tougen nieman sehen.’
dô sprach diu küniginne:
‘Venus, vil süeziu Minne,
nû brinc mir in drâte!
ich muoz dînem râte
volgen, wan ich trag smerzen
an lîb und an herzen.
brinc in tougen unde lîs,
mînen lieben friunt Parîs.’
[nach oben]
Zehant brâht diu Minne,
Venus diu götinne,
Paris zuo der frouwen dô;
im stuont sîn muot von minnen hô.
zehant dô in diu frouwe an sach,
vil lieplîch si dô gên im sprach:
‘Paris, lieber friunt mîn,
dû solt mir willekomen sîn.’
gegen im si gên der tür gie,
mit armen si in umbevie;
daz schuof et allez diu minne.
si sprach: ‘daz ich mîn sinne
hân sô gar an dich verlân,
des muoz mîn êr zergân.’
vil ungern si dâ von im schiet.
ir wîpheit ir vil oft riet
und ir stark sinne,
daz si sô sêr der minne
iht volget, ez wær missetân;
dâ von muost si von dannen gân.
dô gap si im ze miet,
ê si von im schiet,
ein küssen von irm rôten munt,
daz wart im tougen von ir kunt.
dâ mit si von dannen schiet,
als ir ir wîsheit riet.
[nach oben]
Eines tags [si] ze tisch saz alsus,
si und Menalaus,
der edel künic ûz Kriechen lant,
der mit frümcheit was erkant
und der êren was gewis.
für in kom dô Paris
gegangen und truoc im die spîs.
dô sprach diu küniginne wîs:
‘herr Menalaus,
diser kneht wirt dir alsus
êr und guot enpfüerent sîn,
daz hab ûf die triuwe mîn;
daz maht dû nimmer bewarn.
heiz in ze land heim varn,
oder er nimt dîn êr dir,
daz solt dû gelouben mir.
hâst dû die red von mir vernomen?’
der künic sprach: ‘wie mac daz komen,
nû dient er gar getriulîch?’
alsô sprach der künic rîch.
diu frou gar zühticlîchen sprach:
‘dû weist niht, waz dir ungemach
künftic ist von disem kneht.
west dû ez als ich alsô reht,
er müest dir rûmen daz lant dîn,
sîn dienst müest dir leit sîn.’
[nach oben]
Dô si daz wort volsprach,
ir zeher man dô vliezen sach
ze tal über ir wengel rôt,
als ir ir triu dô gebôt.
daz ersach der künic dô.
er sprach: ‘frou, wie ist iu alsô?
waz wirret iu, waz ist iu hie?’
den künic si bî der kinn gevie,
si sprach: ‘lieber herr mîn,
ich klag mîn leit und daz dîn,
daz dir von Paris ist beschert.’
‘ich schaff, daz er von hinnen vert.
daz muoz im sîn von mir bekant,
des sê mîn triu in dîn hant.’
[nach oben]
Urloup gap er im an der stat,
als in diu küniginne bat.
er sprach: ‘Paris, dû solt varn
und solt daz niht lenger sparn,
oder dû muost von mir sterben
und an dem lîb verderben.’
zehant dô sprach der jung man:
‘herr, waz hân ich getân?
sag mir, von welher schulde
ich hab verlorn dîn hulde.’
er sprach: ‘daz solt dû lâzen sîn.
rûm mir stet und lant mîn
oder ich heiz dir mit nôt
tuon den bitterlîchen tôt.’
Paris dâ zuhticlîchen tet:
‘gewer mich, herr, einer bet:
wie mac ich sô von hinnen varn?
ich muoz mich zuo der reis bewarn
mit rossen unde mit gewant,
daz ich niht mit schant
var heim in mînes vater lant;
ich wær anders sêr geschant.
dâ von wolt ich gern biten,
wærest dû, herr, in den siten,
daz ich siben tag solt sîn
mit êren in dem land dîn,
sô wolt ich dir dann rûmen,
des wolt ich niht sûmen,
dîn lant und dîn rîche,
daz wizz sicherlîche.’
[nach oben]
Dem künig geviel diu red wol.
er sprach: ‘ich dir des gunnen sol;
daz urloup hab dir âne haz.
dû solt dich sûmen niht fürbaz,
lenger frist wil ich gedagen.’
niht völliclîch gên drîn tagen
was Paris von der küniginn,
unz sie betwanc diu minn,
daz si nâch Paris nâhen was tôt,
wan si betwanc der minne nôt.
frou Venus diu Minne
kêrt dar zuo ir sinne,
daz diu küniginne drât
sant nâch Paris spât
daz er ir red vernæme
und tougenlîch dar quæme.
daz tet Paris mit willen gar.
ir liehten wengel wol gevar
erblichen von der minne
der edeln küniginne.
si sprach: ‘ôwê Parîs,
wer gap dir ie sô hôhen prîs,
daz ich ân dich niht mac genesen!
ich möht lieber tôt wesen,
daz ich mîn triu brechen sol;
ez stêt mir wærlîch niht wol.
iedoch rætet mir diu minne,
daz ich muoz mit dir von hinne,
wil ich behalten mînen lîp.’
sô sprach daz wunderschśn wîp:
‘ôwê! herr Menalaus,
wie scheid ich von hinnen sus!
ôwê daz ich ie wart geborn!
wie habt ir triu und dienst verlorn!
ich was iu ân mâzen trût,
ir zugt mich reht als ein brût.
silber, golt und edel gestein
hêt ich von iu gar gemein
und allez des mîn herz gert,
des wart ich von iu gewert.
sol ich iuch des engelten lân,
daz ir mir lieb habt getân,
swan ich iuch lieplîch gevie?
dô ich gekrśnet vor iu gie,
dô muosten wîp unde man
mir all wesen undertân.
ôwê liut unde lant,
sol mir daz niemêr sîn bekant!
edel frouwen und edel kleit,
sol mir daz allez sîn entseit!
doch klag ich vor im allen sus
mînen herren Menalaus.’
Paris der antwurt alsô:
‘frou, ir sült wesen frô.
ir vart mit mir wunniclîch
ze einem edeln künic rîch,
der ist Priamus genant,
dâ wert ir frślîch erkant
frou und küniginne.
ich leg dar zuo mîn sinne,
daz beidiu liut unde lant
muoz stên gar in iuwer hant
und Troyen diu grôz stat.’
diu minn dô di frouwen bat,
daz si Paris zuo ir gevie.
diu minn mit ir umbegie
und wart in beiden dâ bekant.
si sprach: ‘ich rûm mit dir daz lant.
swie halt ez mir süll ergân;
ich wil dir wesen undertân.’
[nach oben]
Dô wart niht lenger gespart,
ein kiel dâ bereitt wart.
dâ giengen si an tougenlîch,
si wurden beidiu freudenrîch.
hei wie di segel duzzen,
dô si gên Troyen fluzzen!
vil minniclîch Paris zuo ir sprach:
‘wol mich daz ich dich ie gesach,
vil edliu küniginn!
wol mich, daz ich dich sol minn!
ich gesach nie sô schśn wîp,
wol gestalt ist dîn lîp.
dîn schśn ist gar an dir gemêrt,
dû bist aller êren wert.
dîn houbt ist geschaffen wol,
als einer schśnen frouwen sol;
dîn hirn lieht, dîn wengel klâr.
dîn mündel ist rôsenvar,
eng und dar zuo wol gestalt;
dîn brâ sam si sîn gemâlt.
dû bist schśn an aller stat
und treist an dir der engel wât.
dîn ougen sint dir alsô lieht,
swer sich ze reht dar inn ersiht,
der muoz immer sælic sîn,
daz hab ûf di triu mîn.
frou, si stênt dir alsô wol,
daz man dich immer loben sol.
dû treist di krôn der êren gar.
swer dîner tougen nimet war,
der muoz immer sælic sîn,
daz hab ûf di triu mîn.
ich sage wol wie dîn wengel was:
ez liuht als ein spiegelglas;
dâ von kan ich sîn niht verdagen,
ich muoz di wârheit von in sagen:
swer milich und rôt rôsen guzz
unde daz ze samen fluzz,
alsô sint diu wengelîn,
wan si niht schśner möhten sîn.
dîn nase nâch wunsch wol gestalt,
dîn hiufel sam si sîn gemâlt;
dîn hâr als di goltdræt,
biutel man dâ mit wol næt,
dar zuo weich sam di sîden.
wer mac daz vermîden:
swer dich mit ougen hât gesehen,
er muoz des von schulden jehen,
daz dû sîst schśn und rein gar
und hâst niht wandels umb ein hâr.
dîn scheitel wîz und dîn nac,
di liuhtent sam der lieht tac.
dîn zend sint sam ein hermelîn,
ein snê kund niht wîzer sîn;
dîn hals gedræt schôn,
und solt got nemen lôn,
er hiet verdient ze solt
mêr dann aller Kriechen golt.
wâ ist ie wîp sô schśn gesehen?
des mac mir wærlîch nieman jehen.
dîn kel ist lieht unde blanc,
daz man ersæch daz getranc
alsô lûterlîch fliezen,
durch die kel in den lîp schiezen.
dîn ôren sint ze reht grôz.
zuo dir sich nieman genôz
an schśn und an tugent,
an zuht und an jugent,
an frümcheit und an êren:
di wellent nimmer von dir kêren.
nû bist dû schśn unde guot
und ouch dar zuo hôchgemuot.
dû bist edel und wol gezogen,
an êren bist dû unbetrogen;
dû hâst ouch rein kiuscheit.
got hât sîn zierd an dich geleit
an aller slaht dingen:
got lâz dir wol gelingen!’
[nach oben]
Dô er alsô ir schśn an sach,
in sînem herzen er jach:
wol mich daz ich sol minnen
ein so schśne küniginne!
dâ von diu freud ist mir bî,
aller sorgen bin ich frî.
wie mac mir immer werden baz,
swann ich bin bî ir âne haz!
ir mündel druct er an daz sîn.
er sprach: ‘liebiu frou mîn,
dîn sorg hât gar ein ende.’
er nam ir wîz hende
und kust di wol hundert stunt;
im wart vil freuden von ir kunt.
von der lieb die er von ir truoc,
dâ von er freuden hêt genuoc.
Dô Paris Helenam brâht,
als er im vor hêt gedâht,
hin ze Troyen in die stat,
dô reit daz volc und lief drât
gên der schśnen küniginnen,
die Paris solt minnen.
ir ietlîch schouwet sie besunder
reht als si wær ein merwunder,
von der schśn die si truoc.
ir dheiner was sô kluoc,
der ie ein schśner wîp hiet gesehen,
des muoz ich von schulden jehen.
Priamus der künic hêr
enphie di frouwen hart sêr,
und diu künigin Eckubâ;
diu kom gên ir gegangen dâ
wol mit fünf hundert frouwen,
die di küniginne wolden schouwen,
die frouwen ûz Kriechen lant;
ir schśn wart in dâ bekant.
diu küniginn Ekgubâ
brâht ir schśniu kleider dâ;
fürspan, vingerlîn von golt
gap si ir, als si solt.
scharlach brûn unde rôt
und manic guot kleinôt,
baldekîn und zendâl
gap si ir allez über al.
dar nâch ieslîch frou gie
besunder und sie schôn enphie
mit ir kleinôt guot.
des wart diu frou hôchgemuot
und lebt dâ vil wunniclîch;
des wart Paris freudenrîch.
[nach oben]
Nû lâz wir die red stân
und grîfen Menalaum an,
wie des gebærd wære,
dô er die herzenswære
vernam, daz diu küniginn
was mit Paris hinn.
der êrst der im ez kunt tet,
gegen dem er trûriclîchen ret:
‘sag an, weist dû die wârheit,
als dû mir von ir hâst geseit,
daz si mit Paris ist von hinn.
mîn liebiu schśniu küniginn,
sô mac ich sie niht volklagen;
der wârheit kan ich niht verdagen.
daz red ich gar ân allen spot,
ez solt zwâr mîn abgot
haben bewart alsô wol.
mit schulden ich daz sprechen sol,
ich hân im vil êrn getân,
er solt ez billîch bewart hân,
daz si iht wær von hinne,
diu schśn küniginne.
ich wil mich an im rechen,
mîn bethûs gar zerbrechen
und wil im nimmer mêre
getuon dhein êre.’
[nach oben]
Dâ mit er bald gâhen hiez,
daz man nieman des erliez,
er muost ze hof kêren
mit harnasch und mit êren.
er hiez zwelf rüefer ûf stân,
in merkt und in stet gân,
und hiez si rüefen an der stat,
daz si sich bereiten drât
alle in die hervart.
daz wart niht lenger gespart:
beidiu recken unde zagen,
swer einen kolben moht getragen,
der solt mit im varen drât
hin ze Troyen für die stat.
dô daz her ze samen quam
und der künic daz vernam,
dô hiez er îlen drât
für Troyen di grôzen stat;
dâ was mit freuden inne
sîn schśniu küniginne.
er sprach: ‘ôwê Helenâ,
wie hâst dû mich lâzen sâ!
dînen willen ich doch nie zerbrach,
bî mir hêtest dû êr und gemach.
ich gap dir kleider genuoc,
diu besten diu ie wîp getruoc.
dû hêtest bî mir met und wîn,
der niht bezzer moht sîn.
môraz unde lûtertranc
hetest dû und kleiner voglîn sanc.
ich hiez dir bringen nahtigal,
daz si dir machten süezen schal;
rotten, herpfen, singen
hiez ich dir allez bringen,
schalmîen und pusûnen vil.
ich prüeft dir maniger hande spil.
wie hân ich daz an dir verlorn!
mir ist wærlîch zorn,
daz ich dir sô vil êren tet.’
alsô er wider sich selber ret.
[nach oben]
Daz her vor der stat lac
niun jâr und einen tac,
daz si des ligens verdrôz dâ.
da wart manic spil funden sâ,
daz man vor nie hêt gesehen,
des muoz ich von der wârheit jehen.
schâchzabel und bretspil
wart funden dâ, ân mâzen vil
würfel wurden dâ bereit,
daz tet ein Kriech mit kündicheit.
des ligens si vil gar verdrôz.
beidiu man sluoc unde schôz
der Kriechen dâ ein michel teil;
daz was der selben unheil
und was der Troyer freude und spil.
ouch wart dar zuo hart vil
von den Kriechen lîplôs;
da von si der kurzwîl verdrôz.
Hector dô des niht enliez,
vil mangen er von dem leben stiez,
wan in des vehtens niht verdrôz:
beidiu er sluoc unde schôz
dâ vil mangen Kriechen hêr.
des fröuten sich di Troyer sêr:
er was ze strît der frümst man,
er rant di vînt degenlîch an.
[nach oben]
Dô die Kriechen manig zît
lâgen vor Troyen wît,
und si des ligens dâ verdrôz,
wan man ir vil ze tôde schôz,
als ich iu vor gesagt hân,
der künic von Kriechen kom gegân
da er einen wîssagen vant.
er sprach: ‘dû solt mir tuon bekant,
wie wir Troyen gewinnen,
sît dû hast wîs sinne.’
er sprach: ‘daz sag ich dir schier,
wil dû gelouben mir:
dû maht mit dînen sinnen
Troyen niht gewinnen,
du gewinnest dan einen man,
den ich dir wol nennen kan,
der ist Achilles gênant,
ze strît gar ein wîgant.’
der künic sprach: ‘wâ sol ich in suochen,
ob ich des mannes wil ruochen?’
er sprach: ‘er ist verborgen
under juncfroun mit sorgen
uud treit an der frouwen kleit;
ungefuog ist im leit.’
dô der künic dô erhôrt
des wîssagen wort,
dô sant er vil drâte
nâch sînem næhsten râte,
und betraht an den stunden,
wie si Achillen funden,
der dô was in frouwen kleit
durch sînes lîbes hübscheit.
[nach oben]
Nû lâz wir die red stân,
und grîfen ditz mærel an,
wie ez dar zuo kæme,
daz Achilles næme
an sich wîplîchiu kleit
durch sînes lîbes hübscheit,
wie er in frouwen wæte
gieng als ein frou stæte:
daz tet er durch ein frouwen guot,
diu nimmer kom ûz sînem muot,
und hêt sie doch nie gesehen;
des muoz ich von der wârheit jehen.
[nach oben]
Ein biderb man gesezzen was,
der was geheizen Peleas,
sîn wîp was Thetis genant.
den beiden wart ein kint bekant,
Achilles sîn name hiez.
einem wildnær er ez liez,
der was geheizen Schirô,
di pfaffen nennent in alsô,
der was halp ros, halp man.
für wâr ich iu daz sagen kan,
daz Schirô zôch daz kint,
unz ez vil frum wart und besint.
ez wart ouch von im wol gezogen,
er lêrt ez schiezen mit dem bogen,
springen, ringen, werfen den stein:
alle gefuog lêrt erz gemein.
[nach oben]
Dô daz kint wuohs nâch reht,
dô wart ez ein frumer kneht
unde zweinzic jâr alt.
im wart dick vor gezalt,
wie ein juncfrou wære
edel und êrbære
und wær jenhalp des wilden mer.
ir vater hiet manic her
unde wær ein künic rîch;
er hiet der juncfroun sicherlîch
gelobt, daz er sie nieman solt
geben wan den si nemen wolt.
[nach oben]
Do Achillese wart kunt getân
daz mær, dô begund er gân
ze Schirône da er in vant.
er sprach: ‘möht mir werden bekant
ein vil seltsæn dinc –
dar an stêt aller mîn gerinc –,
daz mir niht wüehse ein mannes bart,
daz wær mir âne mâzen zart.’
[nach oben]
Dô daz erhôrt Schirô,
er sprach: ‘ich fürht dehein drô.
ich bringe dir vil schier,
daz solt dû gelouben mir,
ein wurz her in kurzer frist,
diu dir harte nütze ist,
daz dir wehset dhein bart,
wan ich hân dich gezogen zart.’
zehant er im ein wurz brâht,
diu was mit lînînem tuoch bedaht.
er sprach: ‘liebez kint mîn,
strîch sie umb den munt dîn,
dise wurz alsô guot,
und habe des deheinen muot,
daz dir nimmer dhein hærlîn
wahset ûz dem bart dîn.’
[nach oben]
Dô Achilles daz vernam,
daz im der bart was widertân,
dô leit er an sich frouwen kleit.
im was gar ân mâzen leit,
daz er die heideninnen
niht solt von herzen minnen.
diu juncfrou hiez Dyadamiâ,
diu was im liep von herzen dâ;
swie er sie doch nie hêt gesehen,
doch wolt er ir des prîses jehen.
verholen huop er sich von dan.
ze einem kiel kom er gegân
und fuor hin gên der heiden lant.
für ein froun was er bekant.
[nach oben]
Dô er an daz stade stiez,
sîn rein zuht in niht enliez,
si gap im die lêre,
daz sîn êrstiu kêre
gên der bürge dar gie.
der künigin wesche in dâ enpfie,
und frâgt in der mære,
wannen er komen wære.
er sprach: ‘ich bin ein armez wîp
und hân vil trûrigen lîp.
getorst ichz, liebiu frouwe mîn,
iu hie gesagend sîn,
daz ez wær verborgen:
ich lîde manige sorgen
umb mînen kranken bśsen lîp;
ich bin ein nôtigez wîp.
von mînen friunden bin ich dan
gefuort, daz hât getân ein man,
der mir michel êr gehiez;
an disem kumber er mich liez.
daz er unsælic müeze sîn!
er hât mich von den friunden mîn
gefuort dâ ich hêt êren vil;
vor iu ich des niht enhil.
ich getrou iu, liebiu frou mîn,
mîn gebrest sol iu geklagt sîn,
wan ich hie leider nieman hân
dâ ich mich türr gelâzen an.
swer mich hie wolt versuochen
in den kriechischen buochen,
diu kund ich wol bescheidenlîch
lêrn ein küniginne rîch,
west ich, wer mich dar umb nert,
daz ich mîn kleider niht verzert,
diu ich hân vil kûm erspart,
sint ich fuor der unsælden vart
und mich der man hât verlân,
mit dem ich von lande bin gegân –
der machet mich an sinnen blint –:
ich bin zwâr eines fürsten kint.’
diu wesch zühticlîchen sprach:
‘mir ist vil leit iur ungemach.
ich wil ze mîner frouwen gân,
ob ir hie mügt bî ir bestân;
daz wil ich iu hînt ervarn.
ir mügt bî iuwern jârn
verdienen umb mîn frouwen guot,
daz si iu grôz êr tuot.’
[nach oben]
Achilles wart der rede frô
und dankt der weschinne dô.
diu weschin des dô niht enliez,
Achillen si vil wol gehiez,
und gie zuo der frouwen dô.
si sprach: ‘frou, nû sît frô,
ich hân mit mînem sinne
ein lêrmeisterinne
funden nâch dem willen dîn,
diu niht baz gelêrt möht sîn.’
si sprach: ‘heiz sie versuochen
an den kriechischen buochen,
der ist si gelêret wol.
aller künst ist si vol,
der ein frou kunnen wil;
der kunst hât si ân mâzen vil.’
[nach oben]
Diu frou sant nâch ir zehant,
mit dienst si sich ir underwant.
si sprach: ‘ûf die triu dîn
lâ dir wol enpfolhen sîn
die schśn tohter, die ich hân,
diu muoz dir wesen undertân.
lêr sie von Kriechen diu buoch;
mit zühten dû an sie versuoch,
ob si ez gern lernen wil,
sô gib ich dir ân mâzen vil:
von silber manic kleinôt,
ein bouc von gold rôt
muoz dîn benamen sîn.
ich schaff, daz der herr mîn
dir sîn lônet mit triuwen;
ez sol dich niht geriuwen.
ich sich, daz dû ein edel wîp
bist, wan dîn wol gestalter lîp
wær wol eines küniges wert.
dîn lîp vil hôher êren gert,
dîn gebærd sint vil wîplîch:
zwâr ich wil dich machen rîch.’
[nach oben]
Achilles zühticlîchen sprach:
‘nâch mînem grôzen ungemach
ist mir ein sæld von iu bekant.
daz ich bin komen in ditz lant,
des mac ich mit freuden alten;
mîn êr mac ich behalten,
wan ich nie dheinen man
ân disen bśswiht gewan,
der mich her gefüert hât;
mîn mac nû wol werden rât.’
die juncfroun nam er bî der hant.
er sprach: ‘iu wirt von mir bekant
zwâr die kriechischen buochstaben,
welt ir mich dar umb liep haben.’
diu juncfrou volget im mit,
Achillen gar nâch sînem sit.
[nach oben]
Dar nâch sag ich iu offenbâr,
daz man Achillem für wâr
bettet zuo der schśnen magt,
als uns daz buoch sagt.
daz wizzet sicherlîche,
der edel künic rîche
verhienc des mit willen gar,
daz er sich legt zuo ir für wâr,
wan er wânt, ez wær ein wîp,
sô wol gestalt was im der lîp.
[nach oben]
Achilles begunde ahten,
ein seltsæn dinc betrahten,
wie er erwurbe die magt,
dâ ich iu vor von hân gesagt,
daz ez geschæch mit ir willen gar,
daz sîn nieman wurde gewar.
eines listes er im gedâht,
der im iren willen brâht.
er sprach: ‘juncfrouwe guot,
welt ir mir sagen iuwern muot?
ich wil iu mînen willen sagen,
welt ir mir des iuwern niht verdagen.’
si sprach: ‘nein ich zwâr,
ich bin dir heimlîch gar;
sprich allez daz dir liep sî,
dâ sol mîn wille wesen bî.’
[nach oben]
Er sprach: ‘ez habent in Kriechen
di gesunden und di siechen
zwâr einen seltsænen sit,
dâ si ir êr behaltent mit:
ez ist dâ nindert ein jungez wîp,
hât si wolgestalten lîp,
und ist ir dann iht nâhen bî
ein juncfrou, swie diu genant sî,
unde wellent die zwô enein,
und verswigen ist under in zwein
daz ir trahtunge ist,
di vindent manigen fremden list.
nû sagt mir, schśniu juncfrou mîn,
ir sît ein schśnez magedîn,
des ich iu wol von herzen gan –:
sagt mir, wært ir gern ein man?’
dô sprach si: ‘ûf di triu mîn,
möht ich ein man mit reht sîn,
daz næm ich für der Kriechen golt,
sô wolt ich sîn frouwen holt.
zâhei! und sold ich sîn ein man,
sô wold ich wunders vil begân.
ich wold varn in fremdiu lant
und wolt dâ sîn ein wîgant
und wolt dâ êr erwerben,
oder ich müest dâ verderben.’
[nach oben]
Dô Achilles erhôrt
der edeln juncfrouwen wort,
er sprach: ‘juncfrou, gehabt iuch wol,
iur lîp muoz freuden werden vol.
ich muoz besehen, ob ein man
von iu immer werden kan;
den list lernt ich ze Kriechen lant,
dâ wart er mir alrêrst bekant.’
dô diu juncfrou dô vernam
sîn red ân aller slaht scham,
si sprach: ‘liebiu meisterinne
nû kêr dar zuo dîn sinne,
daz diser list an mir ergê;
ich schaff, daz dû immer mê
mit freuden muost alten.
dîn triu solt dû behalten
an mir; ich bin ein megedîn,
ich wil dir holt mit triuwen sîn
und wil dir lîhen unde geben
ân aller hande widerstreben.’
[nach oben]
Achilles lieplîchen sprach,
wan er in zühten gên ir jach:
‘juncfrou, welt ir volgen mir,
mîn kunst wil ich iu zeigen schier.
ir sît ein magt und ich ein wîp,
da von haben wir gelîchen lîp;
des mac mîn wîsheit für sich gân,
daz ich odr ir wert ein man.
ich erkenn ein abgot freudenrîch,
wellen wir daz biten sicherlîch
mit dem gebet, als ich wol kan,
sô wird ich oder ir ein man.
ez erlśst uns schier von smerzen
wellen wir mit lûterm herzen
daz selb abgot rüefen an
unser einem muoz ez wol ergân.
swem dann ditz sol wesen bî,
diu tuo di andern sorgen frî.
juncfrou, ich wil dir tuon bekant,
wie daz abgot ist genant:
ez ist geheizen Racvan.
ûz unser einem wirt ein man,
daz weiz ich sicherlîchen wol,
wan ez ist genâden vol.’
[nach oben]
Diu juncfrou sprach: ‘meisterin, sprich,
swaz dû wil, daz tuon ich.’
Achilles sprach: ‘juncfrou guot,
habt daz abgot in iuwerm muot
und bitet ez an ze allen zîten,
nâhen unde wîten,
und gêt an ein verborgen stat,
dâ sült ir nider vallen drât
drî venje dem abgot ze êren,
dâ mit sült ir ez êren,
und rüeft ez an vil stille,
ich weiz, daz ist sîn wille,
und sprechet: ‘herr her Racvan,
helfet mir, daz ich werd ein man.
dar umb wil ich iuch êren
und iuwer lop mêren.
ich wil iu ein bethûs machen
mit seltsænen sachen
zwâr nâch heidenischem sit,
dâ wert ir wol geêret mit.’
ditz sült ir drîstunt tuon,
so gewinnet ir des abgots suon
und sîn hulde ân zwîfel gar;
daz ich iu lêr, daz ist wâr.
sô wil ich des selben pflegen
und wil mich für sîn füez legen
und wil ez biten âne spot,
mîn genædigez abgot,
wan ich wil niht schallen,
nider für ez vallen,
und wil ez flêhn von herzen,
so vertribt ez mir den smerzen;
daz weiz ich sicherlîchen wol,
wir werden von im freuden vol.
genâden, güet vil an im lît:
ei waz ez uns nû freuden gît!’
[nach oben]
Diu juncfrou lobt im stæte,
daz si vil gern tæte,
waz er ir vor hêt geseit;
dar an was si unverzeit.
dô daz zem dritten mâl geschach,
Achilles gên der maget jach:
‘juncfrou, habt ir daz bet getân,
sô süll wir bald ze bette gân;
daz abgot wil erzeigen daz,
wer im hab gedienet baz.’
dô sprach diu magt unverzagt:
‘waz dû mir hâst vor gesagt,
daz hân ich allez getân.’
si begunden an daz bett gân.
[nach oben]
Dô sprach Achilles: ‘juncfrou mîn,
mac ez an iuwern hulden sîn,
sô zeiget mir hie âne spot,
ob iu daz werd abgot
hab gewert iuwer bet;
daz lât mich grîfen hie ze stet.’
er greif von der brust ze tal
gein dem bein überal
an daz werd frouwenspil;
dâ vant er wunn alsô vil,
daz ich sîn niht gesagen mac.
sîn freude wert unz an den tac
dâ er niht wan wîpheit vant.
er sprach: ‘mir ist daz bekant,
daz abgot hât mir baz getân:
grîfet her, ich bin ein man;
daz abgot mich baz erhôrt hât.
ich hân verlobt im missetât,
ich sprach gebet von Kriechen lant,
dâ von mir freude ist hie bekant.’
dô si den trśster begreif,
wan ir diu hant ze tal sleif,
si sprach: ‘ez ist diu wârheit:
daz dû mir vor hâst geseit,
daz grîf ich sicherlîchen wol,
mîn hant ist mir alliu vol.’
diu naht gie in mit freuden hin,
si hêten bêdenthalben gewin.
der freuden triben si genuoc,
unz diu magt ein kint truoc;
des wart si dannoch niht gewar.
ir heimlîch was mit freuden gar.
[nach oben]
Dar nâch ir vater siech wart;
di kemenâte man verspart.
dô er dâ siecher inne lac,
ein arzât sîn schôn pflac;
der wart im gewunnen dâ.
ein urinâl hiez er im iesâ
bringen an der selben stunt.
‘dar an sô wirt mir kunt
daz iuwer lîp niezen sol
und iu tuo an dem lîb wol;
daz muoz ich an dem brunnen sehen,
sô kan ich dar nâch reht spehen,
wie ich iu dar nâch erzen sol,
daz sich ich an dem brunnen wol;
des heizet pflegen tougenlîch.’
alsô sprach der arzât rîch.
[nach oben]
Dô der arzât von im gie,
der künic sîn liebe tohter vie.
er sprach: ‘gedenk, daz dû mir bist
vil liep ân allen valschen list;
des solt dû lân geniezen mich.
daz ich ie hân geminnet dich
für allez daz ich ie gewan,
und dir von herzen guotes gan,
dâ von lâ dir enpfolhen sîn
vil gar ûf di triuwe dîn
ditze schśne urinâl.
hüet sîn vor stoub und vor val,
daz ez iht zerbreste,
wan ez ist kranc [und] niht veste;
des getrou ich nieman sô wol;
niht fürbaz ich dich manen sol.’
diu tohter vil zühticlîchen sprach:
‘mir ist vil leit dîn ungemach,
vater und lieber herr mîn;
dû solt des gar ân angst sîn,
ich hüet dir des glases wol,
als ich von reht tuon sol,
daz dir niht leides dar an geschiht
und dar an gewirret niht.’
[nach oben]
Di naht der künic lac mit sorgen
mit siechtuom unz an den morgen.
sîn liebiu tohter muost ouch sîn
vor irm lieben veterlîn;
des wolt er niht enbern,
mit zühten muost si in gewern.
dô in des zît dûhte,
daz der tac schier lûhte,
dô hiez er im daz urinâl
di tohter reichen âne schal.
si enpfie dar în den brunnen sîn.
er sprach: ‘vil liebez kint mîn,
nû pflic des glases wol,
wan ich dir sîn danken sol.’
des glases si sich underwant,
si sazt ez mit ir wîzen hant
ze tal, als er sie lêret.
daz glas si umbe kêret,
daz lützel beleip dar inne.
si gedâht: zwiu süllen nû mîn
sinne?
ich hân zwâr missetân,
mînen vater ich verlorn hân.
eines listes si gedâht,
der sie zuo freuden brâht:
si nam daz glas in die hant,
irn brunnen si dar in verswant.
si daht in schôn und wunniclîch,
des wart ir herze freudenrîch.
[nach oben]
Des morgens dô der arzât kam
unde von dem künig vernam
sînen gebresten und sîn swær,
wie im diu naht wær
gewesen, senft oder hert:
dô er dô sîn gevert
vernam, wie im was,
dô hiez er im reichen daz glas.
dô er den brunnen an sach,
nû sült ir hśren, wie er sprach
gên dem künig sâ ze stunt:
‘mir ist ein siechtuom von iu kunt,
daz wærlîch nie dhein man
solhen siechtuom gewan.’
er sprach: ‘lieber meister mîn,
waz siechtuoms mac daz sîn?
mac ich genesen dar an?’
‘daz muoz an iuwerm abgot stân,’
sprach der arzât zehant,
‘ir habt den tôt an der hant:
ir tragt ein kint, daz ist wâr,
dâ von iur lîp verdirbet gar.’
der künic sprach: ‘lieber meister mîn,
von wiu mac daz sîn?’
er sprach: ‘daz weiz ich wærlîch niht,
ditz ist ein wunderlîch geschiht.’
der meister urloup nam,
von dem künig huop er sich dan.
[nach oben]
Dô sant der künic rîch
nâch der künigin sicherlîch.
dô diu künigin für in gie,
vil kleglîch er sie enpfie.
er sprach: ‘den tôt ich von iu dol,
daz weiz ich von der wârheit wol;
dû woldest mich sîn niht erlân,
sît ich dich ie ze wîb gewan,
du woltst niur ûf mînen kranken lîp,
swie ich wær man und dû wîp;
dâ von trag ich ein kindelîn,
dâ muost dû an vil schuldic sîn,
daz ich hie lîd vil grôze nôt
und von dem kind muoz ligen tôt.
des hetest dû mich wol überhebt
und hiet dîn lîp niht sô sêr
gestrebt
ûf mînen lîp ze aller vrist:
der tiufel gap dir disen list,
dâ ich den lîp muoz umbe geben;
du woltst niur ûf mînen lîp streben,
des muoz ich vliesen mînen lîp.’
dô sprach daz wol gezogen wîp:
‘ôwê mir diser grôzer nôt!
und sol dîn lîp nû ligen tôt
durch mînen wunderlîchen sit:
ich fuor dir doch mit triuwen mit
und wânt, ez wær dir alsô liep.
der tiufel, der mirz ie geriet,
der müez immer unsælic sîn!
genâd, lieber herre mîn,
jâ solt dir doch gewerren niht
von diser wunderlîchen geschiht:
lâz ez den meister baz an sehen,
ob er noch die wârheit kunn spehen.’
[nach oben]
Daz urinâl brâht man im dar –
des liez man nieman nemen war –,
dar inn er sînen brunnen enpfie.
vil bald man nâch dem arzât gie.
des morgens dô ez taget,
dem meister man dô saget,
er solt des küniges brunnen sehen,
ob er sîn leben iht kund spehen.
der meister zorniclîchen sprach:
‘in dem glas ich nindert sach
des küniges leben ze dheiner vrist;
swie künste rîch mîn lîp ist,
ich sach niht lebens, wan sînen tôt.’
doch gie er dar, des twanc in nôt.
daz urinâl nam er zehant,
sin brunn wart im dô bekant.
er sprach: ‘sît frô, vil sælic man,
des kindes sît ir worden ân;
ich trou iuch wol ernern daz leben
und welt ir mir miet geben.’
zehant gap er im hundert marc.
‘sît iuwer miet ist alsô starc,
sô wil ich iu daz leben neren,
und wil iu des reht sweren.’
[nach oben]
Dar nâch der künic wol genas.
diu küniginn des frô was
und diu schśne tohter sîn,
diu hêt wunniclîchen schîn.
si slief dannoch wunniclîch
bî Achillen freudenrîch
und was ze minnen alsô kluoc,
daz si ein kint bî im truoc.
dô si desb wart von im gewar,
dô wart ir beider freuden schar
gemischt wol mit leide
ûf der minne heide.
si forht den künic, di küniginn,
si wurd getśtt umb ir minn,
di si dâ heimlîchen tet:
alsô si wider Achillem ret.
dô si der wârheit wurden gewar,
si vorht, si vlurn ir leben gar.
doch trôst sie Achilles sêr,
er sprach: ‘juncfrou hêr,
uns mac beiden geschehen wol.
mînen abgot ich manen sol
umb unser wunne, di wir hân:
ez mac uns noch wol ergân;
ez ist niht âne sach geschehen,
des muoz ich wol von schulden jehen.’