Nach der Ausgabe von Philipp Strauch.
Digitalisiert von Angus Graham.
Seite erstellt von Graeme Dunphy.
Seite enthält die Abschnitte:
Eines nahtes dô er niht entslief,
ein gedanc im in sîn herz lief,
wie er einen wurm funde,
den er wol nennen kunde.
den wil ich iu nennen,
daz ir in mügt erkennen
nâch der geschrift der pfafheit,
als si mir vor habent geseit.
si habent in Tantyr genant
und jehent, im sî der nam bekant.
daz widersagent di juden gar:
si sprechent, diser nam sî wâr,
wan er dan juden niht ist swær:
si heizent in Zomêr.
dô Salomôn disen wurm vant
und im vil schôn wart bekant –
daz geschach von sîner wîsheit,
wan im sîn sin vil wol seit,
daz im der wurm wære
nütz und êrbære
zuo den ungeworhten steinen,
und daz er mêr dheinen
dar zuo vinden mohte,
der im zuo dem tempel tohte –,
er sant nâch friunden und nâch mâgen,
die wolt er râtes frâgen;
er hiez îlen drâte
nâch sînem næhsten râte.
[nach oben]
Dô si ze samen quâmen
und sîn red vernâmen,
er sprach: ‘ich getrou iu allen wol;
ich weiz, daz ir sît triuwen vol.
einen boten hât mir got gesant,
der vil getriu heilant,
er well mir des wol getrouwen,
daz ich den tempel süll erbouwen,
den mîn vater hât erhaben
in sînen wunnenbernden tagen.
alsô hât er enboten mir,
daz ich daz werc an grîfe schier.
alsô wil der heilant rein,
daz ich die wend, die eckstein
mit dheinem wâfen snîde,
er wil daz ichz vermîde.
nu getar ich niht dâ wider streben,
als liep mir ist mîn leben.
nû râtent, mâg und friunt mîn,
wie ichz süll an grîfent sîn.’
[nach oben]
Si sprâchen all gelîche:
‘vil edel künic rîche,
dir nieman gerâten kan.
under uns ist leider nieman,
der dich des kunne bewîsen,
daz du ân meizel und ân îsen
die stein mügest ze samen füegen.
got sol des wol genüegen,
daz dû mit meizeln di stein
würkest zuo dem tempel rein.’
dô im ir rât niht tohte,
ze staten niht komen mohte,
do begund er zorniger von in gên.
die rüefer hiez er ûf stên;
die ruoften, daz di liut schôn
kæmen für den künic Salomôn
allsamt gemeine,
grôz unde kleine.
nâch sînem willen daz geschach.
wider si all er dô sprach:
‘ich leg iu für mînen sin.
sî ieman wîser dann ich bin,
der rât mir, als im gezem,
daz ich den sin ab im nem,
er sî grôz oder klein,
wie ich gesnîd einen stein
ân meizel und ân îsengewât,
wan ez mir got geboten hât.’
[nach oben]
Swie grôz menig für in was komen,
sô hêt er doch nieman vernomen,
der im gerâten kunde
an der selben stunde;
dâ von er ez muost lâzen stân.
sîn wîsheit liez er für sich gân,
wan er sant wîten in diu lant:
swâ man den wurm vant,
der dâ heizet Zomêr,
swer im der brâht ein sac swær,
dem gap er vil ring
zwelf pfunt guldîner pfenning.
dô man daz von im vernam,
vil manic mensch dar kam
nâch dem wurm, dâ man in vant.
der würm brâht man zehant
vil und genuoc
der würm man für in truoc.
[nach oben]
Dô er der würm vil ersach,
zuo sînen knappen er sprach:
‘gêt und gewinnet glasvaz,
alsô liep ist mir daz,
köpf, bêcher, schüzzel vil!
vor nieman ich daz helen wil,
ich heiz di würm tśten
und heiz di knappen nśten,
daz si daz bluot gemein
in glas, in köpf, in becher rein
lâzen si alle vol,
dâ mit ich mac di stein wol
von einander bringen.
ich wil dar nâch heizen ringen
die mûrer, daz si gewinnen vil
vedern, daz wirt ein spil!
die süln si machen alsô guot
und süln si dunken in daz bluot
und dâ mit bestrîchen gemein
die vil grôzen stein
dem gelîch sam ein schrîbær;
sô ist ir dheiner sô swær,
noch sô grôz noch sô guot,
er muoz zervarn von dem bluot
und ouch enzwei gên.
ir dheiner mac niht ganz bestên
von des selben bluotes kraft,
sô grôz ist sîn meisterschaft;
enzwei gêt er niht anders wâ,
wan als er ist gemâlet dâ.’
[nach oben]
Dô die mûrære
vernâmen disiu mære,
dô kom ir vil gedrungen,
der alten und der jungen.
daz werc er in enpfalch schôn,
der wîs künic Salomôn.
daz dûht ein grôzez wunder
di liut dâ besunder,
daz die stein von dem bluot
gelîcht wurden an dem tempel guot.
dâ mit die mûrære
mûrten âne swære
den tempel hôch unde wît;
daz geschach bî des küniges zît,
der da Salomôn was genant,
sîn wîsheit was vil wol erkant.
Nû wil ich iu ouch sagen schôn:
zwei wîp kômn für hern Salomôn
und klagten ir swære.
si wârn unêrbære,
und sag iu sam mir mîn lîp,
ez wârn zwei gemeiniu wîp;
diu brâhten dar ein kindelîn,
daz niht schśner möht sîn.
diu ein sprach: ‘her, ich klag dir,
daz dû reht rihtest mir,
wan ich und ditz wîp gemein
wârn in einem hûs alein
und wârn beid swanger
und mohten getragen niht langer
unde kômen gelîch nider;
uns swuoren all unser glider.
des morgens dô ez tac wart
und detten wolt mîn kindel zart,
dô erschein ez mir tôt;
mîn herz gewan grôz nôt.
dô ich daz kint reht ersach,
mîn herz mir dô verjach,
daz ditz tôt kindelîn
niht ze reht solt wesen mîn.
dâ mit îlt ich zehant
dâ ich ditz wîbs wiegen vant;
dâ sach ich mîn kint inne
gebunden wol mit sinne.
zehant bat ich vil stæte,
daz si ez durch got tæte
und gæb mir wider mîn kint.
si sprach: ‘diser red erwint,
wan ditz klein kint ist mîn,
dâ von sô lâ dîn biten sîn.’
nû hâst dû, herr, wol vernomen,
wie ich in klag bin für dich komen.’
[nach oben]
Diu red was der andern swær.
si sprach, ditz kindel wær
ir, daz si bî ir truoc,
wan ez was schśn und frum genuoc;
dâ von truog si ez an ir arm.
si sprach: ‘herr, lâ dich erbarm
über mich und tuo des schîn,
daz du ein rehter rihter wellest sîn.
ich sag bî mîner wârheit:
ditz kint daz disiu frou treit,
daz ist mîn ze rehte.
sît dû herren und knehte
rihtest nâch der rehticheit,
sô lâ dir, herr, wesen leit,
daz ditz wîp ditz kindelîn
hât mir genomen, wan ez ist mîn.’
diu ander sprach: ‘nein ez zwâr!
ez bestêt iuch niht umb ein hâr.
künic, dû solt durch got
hie rihten disen spot,
wan ich klag dir mîn leit:
daz dir ditz wîp hât geseit,
daz ist niht wan ir spot.
nû riht mir durch den rîchen got!’
zuo der andern sprach der künic dô:
‘wie ist iu geschehen sô,
daz ir frouwen beide
jehet grôzer leide?’
diu ein sprach: ‘daz sag ich.
ich wil des vermezzen mich,
daz ich iu reht sagen wil.
wir hêten beid gemachs niht vil,
wan ein kleinez kemerlîn,
dar inn muosten unsriu bett sîn.
diu frou lac an einem ort,
anderhalb ich gegen ir dort.
dâ hêt wir beid zwei kint,
diu wol in aht wochen sint
beidiu wærlîch geborn.
mîn red sol dir niht wesen zorn –
unser ieglîchiu hêt ein wiegen –:
diz wîp wil mich betriegen,
wan si ir kint erdruckt hât.
daz ist ein grôz missetât,
daz si gie und niht lief
dâ ich an mînem bett slief –
daz was mir ein grôz nôt –,
daz si ir kint truoc alsô tôt
hin für daz bette mîn
und want mîn liebez kindelîn
ûz mîner wiegen zehant.
ir tôtez kint si dar în bant
und truoc daz mîn mit ir zehant;
in ir wiegen si ez bant.
dô ich dô entwachte,
mîn lîp vor leid erkrachte,
dô ich vant daz kint tôt;
mîn lîp leit vil grôz nôt,
wan ich nam mangen umbsweif,
biz ich ein kerzenlieht begreif:
dâ schouwet ich daz kindelîn,
dâ sach ich wol, daz ez mîn
was, an der selben stat.
dô ich gên der wiegen trat,
mîn lîp vor leid erkrachte:
mîn kint mich schôn an lachte.
dô bat ich ditz wîp guot:
frou, durch got ez tuot,
und gebt mir wider mîn kint.
si sprach: ‘sint iuwer ougen blint?
seht ir niht, daz ez ist mîn?
ir mügt wol trunken sîn,
des swüer ich wol manigen eit.
gêt hin mit iuwerr kündicheit!’ –
alsô hân ich mîn kint verlorn.
nû riht mir durch gotes zorn!’
[nach oben]
Daz ander wîp sprach: ‘nû hśrt mich!’
der künic sprach: ‘fröuwelîn nû
sprich!’
si sprach: ‘der red ist niht alsô:
si vant ez tôt in dem strô,
daz in ir wiegen was geleit.
si wolt mir mit ir kündicheit
ditz kint gewinnen an.’
do gedâht der wunderwîs man:
ich wil si beid versuochen.
ob sîn got wil geruochen,
ich wil mîn wîsheit kêren
dar zuo mit grôzen êren,
mînen rât und mînen list,
wes ditz kint ist.
wider die einen er dô sprach:
‘ir jehet, ir habt ungemach
umb ditz klein kindelîn,
ez sülle iur ze reht sîn;
sô giht dis frou guot,
si hab ditz kint in ir huot
gehabt schôn und ez sî ir.
nû wil ich iu den strît schier
bescheiden schôn an dirre stat.’
einen knappen er dô gên bat.
er sprach: ‘nim ditz kindelîn,
des muost dû teiler sîn
mit dînem scharfen swert.
swelich frou des under in niht enbert,
daz dû ez teilest mitten enzwei,
umb der red gib ich niht ein ei.’
[nach oben]
Dâ mit der kneht daz kint gevie.
mit blôzem swert er dô gie
und wolt daz kint dô geteilt hân.
des kindes muoter ruoft in an:
‘neinâ! lieber herre mîn,
lâ ditz kint lebentic sîn.
ich wil mich sîn verzîhen ê,
ê ditz mort an im ergê.’
daz ander wîp sprach zehant:
‘ê ir mîn kint wurde erkant,
ich wolt ez teilen lâzen gar,
ê ir mîn kint wurde zwâr.’
diu muoter viel dem künig an den fuoz.
‘von schulden ich des jehen muoz,
ich wil ir daz kint geben
dar umb daz si ez lâze leben.’
der künic zuo der muoter sprach:
‘ich sich wol, daz ir habt ungemach;
iuwer barmung diu ist grôz’ –
daz wazzer ir ûz den ougen flôz –:
‘dar an ich nû sihe wol,
daz ez iuwer wesen sol,
ditz klein kindelîn,
wan ir sît zwâr diu muoter sîn.’
dar nâch sprach der künic rîch
zuo dem knappen sicherlîch,
daz er ir gæb daz kint dô;
des was si von herzen frô.
daz kint si von dannen truoc,
dâ von ir herz wart frô genuoc.
[nach oben]
Dannoch hêt Davit zwâr
einen sun, der was ân mâzen gar
sterker dann dô ieman lebt.
ist ieman der dâ wider strebt,
der vrâge di ez habent gelesen.
die müezen mir der wârheit wesen,
daz er was der sterkest man,
den ûf der erd ie wîp gewan.
ich sag iu ouch von im für wâr,
dar zuo hêt er ein langez hâr
vil gar gemischt, als man seit.
er was zweir ellen breit
vorn über die brust sîn,
dar an lac sîner sterk schîn;
sîn arm grôz, sîn bein vlach:
wunders vil an im geschach.
[nach oben]
Eines tages er dô gie
in einen walt, dâ er nie
mit sînen füezen hin getrat.
dâ sach er ein vil starkez pfat
da ein leu gie, dem was gâch.
dem volgt er allez hinden nâch,
vil reht alz ûf sînem spor;
der leu gie im allez vor.
ze jungst er in dô ergie.
der leu in mit der klô gevie,
und zart im allez sîn gewant.
dar nâch er einen list vant:
mit dem knie er ûf in trat,
als in dô sîn will bat,
und greif im an der selben stunt
mit sînen handen in den munt.
daz macht dô sîn grôz kraft,
daz er an im sigehaft
wart an der selben zît.
den munt zart er dem lewen wît,
daz er den tôt von im nam.
von dannen gie er als im zam.
daz geschach von den kreften sîn;
daz wart an dem lewen schîn.
[nach oben]
Er hêt ouch friundinn vil,
die ich niht all nennen wil
noch niht all nennen kan,
under in ein wîp wolgetân
was im ân mâzen liep.
zuo der sleich er als ein diep,
wan si was ein flætic wîp,
ân mâzen schśn übr al ir lîp;
dâ von er si ze konen nam,
als sînen êren wol zam.
si was im lieber dann got,
vil gern behielt er ir gebot.
Dar nâch einem heidenischen man
wart ir schśn kunt getân.
der hiez ir tougen nemen war;
mangen brief sant er ir dar,
der werden herzoginne:
er wolt si gern minnen
mit lîb und mit guote,
irn lîp hêt er in huote
vor regen und vor sunne.
der herzoc het manic wunne
mit ir, der dâ Sampsôn hiez.
von dheiner drô er daz liez,
er gæb ir allez des si gert;
des was si schôn von im gewert.
[nach oben]
Diser heiden warp alz dar
mit briefen; des wart niht gewar
her Sampsôn der starc man,
der ir vil êrn hêt getân.
eines tages der künic sant
einen brief, den si wol erkant,
der werden herzoginnen.
der brief sprach: ‘solt ich minnen,
frou, dînen werden lîp!
du bist gelobt über alliu wîp.
dû solt mir, frou, ein gâb geben,
die dien ich gar ân widerstreben,
daz du mich, frou, an dem morgen
sehest gar verborgen;
sô leg ich dir für den kumber mîn,
dîn eigen wil ich immer sîn.’
der brief sant er ir genuoc
bî einem wîbe, diu was kluoc,
biz si begund gên ir jehen,
daz si in wolt gern sehen.
[nach oben]
Diu botschaft wart im kunt getân.
des morgens reit er zuo ir dan.
vil wunniclîch er zuo ir sprach:
‘mîn herz dir ie mit triuwen wac,
vil edliu herzoginne.
wol im, der dich sol minnen!
ich gesach nie sô schśn wîp.
dîn gestalt ist über al dîn lîp
wol eines landes wert.
vil sælden ist an dir gemêrt
dîn houbt ist geschaffen wol,
als einer schśnen frouwen sol.
dîn hirn ist lieht, dîn wengel klâr,
dîn mündel ist rôsenvar,
eng unde wol gestalt;
dîn brâ sam si sîn gemâlt,
klein und ze mâzen hôch;
daz vel, dîn ougenüberzoch,
daz ist wîz als liljenblat.
dû treist an dir der engel wât.
dîn ougen sint dir alsô lieht,
swer sich dar inn ze reht ersiht,
der muoz immer sælic sîn,
daz hab ûf den triuwen mîn.
frou, si stênt dir alsô wol,
daz man dich immer loben sol.
dû treist die krôn der êren gar.
swer dîner tugent sol nemen war,
der muoz immer frślîch sîn,
daz hab ûf den triuwen mîn.
ich sag wol, wie dîn wengel was:
ez liuht als ein spiegelglas;
dâ von kan ich es niht gedagen,
ich muoz di wârheit von in sagen:
swer rôsen under milich guzz
unde daz zesamen fluzz,
alsô sint dîn wengelîn,
wan si niht schśner möhten sîn.
dîn nas nâch wunsch wol gestalt,
dîn hiufel sam si sîn gemâlt;
dîn hâr als di goltdræt,
biutel man wol dâ mit næt,
dar zuo lind sam di sîden.
wer möht daz vermîden:
swer dich mit ougen hât gesehen,
der muoz des von schulden jehen,
daz dû sîst schśn und rein gar
und hâst niht wandels umb ein hâr.
dîn scheitel wîz und dîn nac,
der liuhtet sam der lieht tac.
dîn zend sint sam ein hermelîn,
ein snê kunt niht wîzer gesîn;
dîn hals gedræt schôn,
und solt got nemen lôn,
er hiet verdienet ze solt
mêr dann aller Kriechen golt.
wâ ist wîp sô schśn gesehen?
daz mac wærlîch nieman jehen.
ir kel ist lieht unde blanc,
daz man sæhe daz getranc
alsô lûterlîch fliezen,
durch die kel in den lîp schiezen.
dîn ôren sint ze reht grôz.
zuo dir sich nieman genôz
an schśn und an tugent,
an zuht und an jugent,
an frümcheit und an êren:
di wellent nimmer von dir kêren.
jâ bist dû schśn und ouch guot
und bist ouch wol gemuot.
dû bist edel und wol gezogen,
an êren unbetrogen;
dû hâst rein kiuscheit.
got hât sîn zierd an dich geleit
an aller slaht dingen:
got lâz dir wol gelingen!
swaz ein frou haben sol
reiner tugent, der bist dû vol;
der hâst dû tûsent stunt als vil,
wan dû bist aller herzen spil,
die dich ane sehent
und dîn tugent reht spehent.’
[nach oben]
Des antwurt diu vil guote
ûz vil frîem muote:
‘swie mich got beschaffen hât,
also muoz ich sîn an aller stat.
iures lobes aht ich kleine,
wan wirt mîn man al eine
iurer rede innen,
ir komet nimer von hinnen,
ir wert erslagen oder gevangen.
dâ von lât iu niht gelangen
des ir werdet entwert.
hie wert ir wærlîch niht gewert.
dâ von rîtt von hinnen –
ez kümt iu ze ungewinne –,
daz iu der herzoc Sampsôn
iht zerfüer iuwer krôn,
diu iu heidenischem man
ûf iurem houbt sol stân.’
dâ mit reit der heiden dan.
sîn gewerft wolt er dannoch niht lân.
[nach oben]
Dar nâch eins tages kom er dar
und hiez des tougen nemen war,
daz nieman bî der frouwen was
in einem venster dâ si saz.
er sprach: ‘got grüez iuch, frou guot,
wol gezogen und hôchgemuot,
mîn dienst ist iu vil gern bereit,
wan ich lîd von iu arbeit
und alsô grôzen smerzen
an lîb und an herzen
und brinn nâch iu als ein gluot.’
si sprach: ‘daz ist für den frost guot.
habt ir nâch mir die hitz,
daz ist ein grôz unwitz.’
er sprach: ‘mich friuset under wîlen.’
‘sô sült ir zuo dem fiur îlen,’
sprach diu herzoginne,
‘ir habt niht rehter sinne.’
er sprach: ‘frou reine,
irn merket waz ich meine:
ich mein iuwer minne.’
si sprach: ‘als ich sie gespinne,
sô wil ich sie teilen drât.
rîtet heim, ez wirt ze spât.’
er sprach: ‘ir redet ze wol.’
si sprach: ‘ich rede als ich sol.’
er sprach: ‘frou vil guot,
wol gezogen und hôchgemuot,
tuot mir iuwer genâde schîn;
iur eigen wil ich immer sîn.
vind ich niht genâden, so bin ich tôt.’
si sprach: ‘so koment uns di rôsen rôt.’
er sprach: ‘frou redet niht alsô,
oder ich mac nimmer werden frô
und wird ouch trûric und ungemuot.’
si sprach: ‘sô kümt uns der vîal guot.’
dô sprach er: ‘frou guot,
nemet mich in iuwer huot!
für wâr ich daz sprechen mac,
iuwer red ist mir ein slac,
wan mir ist zwâr
ein tac wol tûsent jâr;
die lebich mit sorgen immer mê.’
si sprach: ‘sô kumt uns der grüen klê.’
[nach oben]
Dâ mit sprach er ir an den lîp,
biz daz daz schśn wîp
zuo im lieplîch sprach:
‘mir ist leit iur ungemach,
iur klag und herzensêre.
sol ich durch iu mîn êre
verliesen und den lîp mîn,
wir beidiu müezen tôt sîn,
und wirt sîn Sampsôn gewar,
wir beidiu sîn verloren gar
an lîb und an guot:
lât von mir iuwern muot.’
er sprach: ‘daz tuon ich nimmer,
iur eigen bin ich immer.
sol ich, frou, durch iuch nôt
lîden, sô lig ich tôt.
ich wil von iu niht scheiden
wider zuo den heiden,
ich bring iuch, frou, mit mir dan,
swie halt ez mir süll ergân.’
[nach oben]
Dô sprach diu frou guot
ûz trûrigem muot:
‘âwê mîner stæticheit!
sol ich di brechen, dâst mir leit,
gegen mînem getriuwen man,
der mir nie leit hât getân
und mich ie hêt für alliu wîp.
sol ich den tugenthaften lîp
alsô lâzen in nśten,
er solt mich billîch tśten,
des wær wol wert mîn bśser lîp,
sît ich im bin für alliu wîp.
sô hân ich anderthalben klag,
daz ich mînem lîb sag,
daz ich disen heiden
von hinnen sol lân scheiden
von mînem lîb ungewert,
des er in zühten an mich gert.
sô ist mîn öbristiu nôt,
wirt er sîn inn, sô bin ich tôt,
daz ich und diser heiden
wellen von im scheiden.
nû rât mir, liebez herze mîn,
waz ich tuont sülle sîn,
ob ich mit dem heiden
von dem fürsten sülle scheiden,
dem ich sô liep bin gewesen,
der ân mich niht moht genesen,
oder ob ich hie bî im bestê,
der heiden var, swie ez ergê.’
[nach oben]
Der heiden zuhticlîchen sprach:
‘ôwê ich muoz lîden ungemach
wærlîch von dir und den tôt.
ich hêt brûn, wîz, mermlîn, rôt
gefüeret zuo einem palast,
den ich dir schôn hêt verglast,
vil edliu herzoginne;
dâ müest dû küniginne
mit êren în sîn gegân.
zehen tûsent dienstman
müesten dîner genâden gern,
ob dû mich, frou, woldest gewern,
und zwei tûsent frouwen –
die maht dû gern schouwen –,
die müesten dir sîn undertân
und dar zuo allez daz ich hân,
alliu jâr bezzer dann vert.
ich wolt geben tûsent rittern swert
allez durch den willen dîn,
vêch, veder, hermelîn,
scharlach wîz unde rôt.
ich wold ouch ê den tôt
lîden, ê ich dâ von schiet,
daz ich dir gelobt hiet.
frou, woldest dû mich gewern,
dîner genâden müesten gern
alle die ich indert hân,
und dich für got biten an.’
[nach oben]
Do daz wîp den heiden vernam schôn,
do begund ir leiden her Sampsôn,
der vil starc man.
si sprach: ‘swie ez mir süll ergân,
sô wil ich mit dir scheiden
von hinnen zuo den heiden.
ich fürht aber sêr,
wir verliesen beidiu lîp und êr.’
dô sprach der heidenisch man:
‘daz sol ich wol understân,
wan ich wil in ê tśten,
sô komen wir beidiu ûz nśten.
ich wil uns râten einen list,
der uns nütz und guot ist.
wil dû, daz ich im an gesig,
so ervar, wâ sîn sterk lig,
in houbt oder in gebein,
daz sagt er dir alein.’
[nach oben]
Dâ mit kom diu frou gegân
hin für den herzogen stân.
si sprach: ‘vil lieber herr guot,
woldest dû mir sagen des ich muot,
daz wolt ich dienen eigenlîch.’
dô sprach der herzoc rîch:
‘sprich, liebiu frou, zuo mir,
swaz dû wil, daz sag ich dir.’
dô sprach diu lieb frou guot:
‘durch mînen willen ir daz tuot,
daz ir mir sagt daz mære
von wannen diu kraft waere
bekomen an iuwern schśnen lîp,’
alsô sprach daz schśn wîp.
dô sprach ez Sampsôn zehant:
‘daz sol dir sîn von mir bekant:
si lît mir in dem hâr,
daz sag ich dir, frou, für wâr.
swann ich des hâres niht enhân,
sô bin ich als ein ander man.’
zehant gedâht si ir an der stat:
des sol werden guot rât;
ich schaff, daz dû verliust dîn hâr,
sô mac ich dir entrinnen gar.
[nach oben]
Die red hêt diu frou in aht.
eines tages si ir gedâht,
dô der herzoc Sampsôn slief;
diu frou nâch einer schær lief.
zehant der heiden was komen,
wan er diu mær hêt vernomen.
er brâht ir schôn mit sinnen
ein lægel, da was twalm innen.
si wact den herzogen lîs:
‘dîn slâf macht mich grîs.
nû trinc, dû lieber herr mîn!
ditz getranc mac niht bezzer gesîn,
wan ich ez schôn behalten hân.’
do tranc Sampsôn der werde man.
zehant wart er müede gar
und wart sô trunken, daz ist wâr,
daz so trunken wart nie dhein man.
dô begund er slâfen begân.
zehant sneit si im ab daz hâr.
dô kom der heiden, daz ist wâr.
er sprach: ‘hâst dû daz hâr versniten?’
si sprach: ‘ich hân ez niht vermiten,
ich hân im hals unde ôrn,
sîn houbt al umb beschorn.’
der heiden sprach: ‘dâst reht getân.
nû wil ich slahen dînen man,
wan ich hân starker kneht vier,
die helfent mir vil schier
in vil jæmerlîch zerbern,
wan er kan sich mîn niht erwern,
sît er die sterk hât verlorn;
ich rich an im mînen zorn.’
[nach oben]
Der froun wart leit und ungemach,
wan si ir triu an sach,
daz er ir schôn hêt gepflegen.
si sprach: ‘ir lât daz underwegen,
daz er den tôt iht von iu dol.
mîn herr hât mich gehabt wol,
daz dhein frou ûf ertrîch
gehandelt wart sô lieplîch,
als ich von disem werden man,
an dem ich mîn triu hân
zerbrochen; des sol ich vâlentinn
in einem fiur brinn.
ez hât mich sêr gerouwen –
des sült ir mir getrouwen –,
sît ich disen werden man
durch iuwern lîp verkoren hân.
nû hân ich zweir hande nôt:
wann er entwacht, sô bin ich tôt;
daz ander ist: und sol er vliesen
sîn leben durch mich verkiesen,
sô brich ich gar di triu mîn,
des muoz ich vil trûric sîn.’
[nach oben]
Zehant der heiden zuo ir sprach,
dô er erhôrt ir ungemach,
er sprach: ‘liebiu frou mîn,
dîn klag wil ze grôz sîn;
der mac ich dich ergetzen wol.
wil dû ez haben von mir für vol,
ich hab dich zwir sô schône
und treist bî mir die krône,
die dû ê niht hâst getragen,
und ist daz er hie wirt erslagen.’
do sprach si: ‘nein, lieber herr mîn,
zwâr ez mac alsô niht gesîn,
ich lâz in hie niht tśten.
wil du in iht anders nśten
hie, den beschorn man,
der mir sô wol hât getân,
des muoz ich gunnen von reht
dir unde dînem kneht,
ob dû mir swerest einen eit,
daz im der tôt iht sî bereit.’
zehant sprach der heiden:
‘er sol niht sîn gescheiden
von sînem leben hie ze stet;
nû bis gewert dîner bet.’
[nach oben]
Dô diu frou erhôrt
sîn red und sîniu wort,
zehant entslôz si drâte
die tür und die kemnâte.
dô gie der heiden an der stet
hin în nâch der frouwen bet.
er sprach: ‘lieben kneht mîn,
ir lât iu wol enpfolhen sîn,
daz im diu ougen iht brehen,
daz er uns nimmer müg gesehen.
nû seht! ir sült gemein
im binden hend unde bein.’
zehant daz alsô geschach;
dâ von gewan er ungemach.
daz binden er allez dô verslief
von dem twalm, der dô lief
in sînem houbt al umb gar;
bî im sô lac sîn trûtez hâr.
diu ougen er im ûz brach,
daz er ein stic niht ensach.
dâ wolt er sich gewert hân;
des moht leider niht ergân,
wan er gebunden vor im lac;
des gewan er leiden tac,
und hêt sîn sterk dâ verlorn,
wan in diu frou hêt beschorn;
dâ von muost er blint gân,
des wolt in der heiden niht erlân.
[nach oben]
Dô wart niht lenger gespart,
ein wagen dô bereitt wart.
dâ saz si ûf und fuor von dan
mit dem heidenischen man.
ze land er dô kêrte,
als in sîn sin dô lêrte.
er hêt verholen die frouwen
und liez die nieman schouwen,
wan er hêt sie dâ verspart,
unz der palast bereit wart.
mit freuden wolt er sie zeigen.
er gap ir mangen eigen,
die ir wâren undertân,
beidiu wîp unde man;
daz was vil êrbære.
glaser und mûrære
muosten grîfen dô zehant
gleser, mermel wol bekant,
beidiu wîz unde rôt.
der künic den meistern gebôt
und vil mangem wercman:
er sprach: ‘der palast der sol stân
ûf einer siulen steinîn,
sô süln die swibogen sîn
all dar în geslozzen schôn.
dar inn wil ich die werden krôn
setzen ûf daz houbt mîn,
ich und ein wîp, hât liehten schîn,
diu ist der êrn vil wol wert.
ich wil ouch tûsent rittern swert
geben durch ir werdicheit,
und wurr ir iht, daz wær mir leit.
si ist schśn, des muoz ich jehen,
ich hân nie schśner wîp gesehen.
ich sag iu, an dem palast
süln sîn diu venster verglast.
mit gezierd, lieber meister mîn –
des wil ich iu lônent sîn –,
mit silber und mit golde,
bereit als ez solde,
sült ir den palast zieren,
mit gold die riemling visieren.
ich sag, der venster steine
süllen werden gemeine
mit saphir und jôchant.
ez sol in ieslîcher want
ligen zwelf karfunkelstein,
dar umb wîz berlîn klein.
ich sag iu ouch, daz gesedel
sol rîch sîn unde edel:
smaragd und rubîn
süln in dem gesedel sîn
und manic edel stein guot.
daz habt, ir meister, in iurer huot,
als ich iu vor hân geseit,
daz ez schôn werde bereit.’
an dem gesedel hiez er bouwen,
daz tet er durch die frouwen,
mêr dann fünf jâr;
do bereitet man si gar.
[nach oben]
Dô hiez er ruofen über al
in sînem land mit grôzem schal,
daz man kśme zuo der hôchzît,
die wolt er haben ân widerstrît.
dar nâch in sehs wochen
hêt er den tac gesprochen;
swer dar niht enkæme
und sîn rede niht vernæme,
der muost lîp unde leben
im ze pfant dar umb geben.
dô der ruof wart getân,
dar kom manic frum man
unde manic frou guot,
diu sich mit êrn hêt in huot,
fürsten, herren, grâven vil.
dar kom maniger hande spil,
rotten, singen unde sagen.
diu varnt diet wolt niht verdagen,
si lobten künic und künigin schôn
da si beidiu sâzen mit der krôn.
dô diu massenî gar
kom mit der êren schar
für den künic gedrungen,
den alten und den jungen
gap man allen rîchiu kleit.
den spilliuten wart geseit,
daz si diu alten næmen zuo in,
daz dûht si ein guoter gewin,
und wurden dô vil freudenrîch.
si jâhen dâ, daz nie sîn gelîch
wurd von rehter milt;
er truoc der êren schilt.
[nach oben]
Dô wart niht vermiten,
tûsent tuoch wurden versniten
von scharlach wîz unde rôt,
als im sîn frümcheit gebôt.
geloubet mir der mære:
wol hundert schuostære
muosten sîn alsô kluoc,
daz si gâben schuoch genuoc
allen [den] die dar kâmen,
wan swen si dâ vernâmen,
der muost niu schuoch tragen.
ez wæren recken oder zagen,
frouwen oder armiu wîp,
si muosten brîsen iren lîp.
in gürtel und in rîsen
hiez man die frouwen brîsen
iren lîp sô gar schône.
man gap in dô ze lône
hantschuoch alsô niuwe.
ir ieslîchiu gap ir triuwe,
daz man dhein altez gewant
an ir stolzem lîb vant.
lât iu wol gevallen,
zweinzic hundert ballen
von lînînen tuochen
muost man her für suochen;
di wurden all versniten,
daz wart dâ niht vermiten.
dannoch wart ez bezzer:
ein gürtel und ein mezzer
gap man ieslîchem zehant,
sô man ez best veil vant.
[nach oben]
Die spilliut wurden dâ berâten.
man sach dâ sieden unde brâten
in tûsent kuchen unde mêr.
daz schuof der künic alsô hêr,
daz si giengen ûf den sal.
dâ wart ân mâzen grôzer schal
und pusûn was dâ vil,
rotten, sagen, seitenspil;
man sluoc die hersumber.
nieman was sô tumber,
er gieng ûf den sal zehant,
dô im diu botschaft wart erkant.
ir freud wart dâ mit sinne.
si wartten der küniginne,
beidiu wîp unde man,
wan si solt zuo in dar gân.
[nach oben]
Dô diu frou wart gekleit
vil wunniclîch, als man seit,
von hermlîn, zobel, scharlach rôt,
von gold und silber, als der künic gebôt,
dô gie der künic für si schôn
und sazt ir ûf von gold ein krôn
und wîst die schśnen hôchgemuot
in den edeln palast guot,
an daz rîch gesedel,
daz was von stein edel.
dâ wart umb sie gedrungen
von alten und von jungen.
der sie schouwen wolt,
der sach sie für allez golt,
wan schśner wîp wart nie gesehen,
des muoz ich von schulden jehen.
dô herzogen, grâven, ritter vil
und ouch manger hande spil
kômen in den palast,
der dâ schôn was verglast,
der künic ieslîchem gewan
ein gesedel, daz im wol gezam
und mit êren dâ gesaz;
von der wârheit weiz ich daz.
dô er si all gesidelt het,
als sînem herzen wol tet,
ze jungst er dô sitzen gie
zuo der künigin, diu in vie
bî sînem houbt vil schône
und sazt im ûf die krône.
‘dise krôn rîche
solt dû sicherlîche
tragen durch den willen mîn;
ich wil dir holt mit triuwen sîn.’