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Zehant er boten mit sant,
den berc und tal wârn bekant.
er sprach: ‘ich sag iu für wâr,
disem kneht sült ir geben gar;
dâ sol iur dheiner wider streben,
ir sült imz gar mit voll geben.
seht ir den hôhen boum dort stân?
dâ sült ir in hâhen an.’
er sprach: ‘vil lieber herr mîn,
lât mich ân daz betenbrôt sîn.
ich gevoder ez nimmer mêr.’
Davit sprach: ‘mîns herzen sêr
ist nû an mir ergangen;
dû muost, ob got wil, hangen.’
ûf den berc fuort man in schôn
und hienc in dâ, daz was sîn lôn,
an einen boum zwâr,
der was hôch an mâzen gar.
dâ hienc man in mit grôzer nôt;
alsô gewan er sîn betenbrôt.
[nach oben]
Ich sage iu, daz etlîch pfaffen
sprechent, ez wær im niht beschaffen,
daz er wurde erhangen;
ez wær im anders ergangen:
Davit hiez in mit swerten slahen
unde hiez des balde gâhen.
doch hôrt ich liut sagen dâ bî,
daz er für wâr erhangen sî.
welhez under disen zwein wâr
sî, des kan ich iu niht gar
hie alzehant bescheiden,
dâ von muoz ez mir leiden.
nû lâz wir sîn got pflegen,
der læt dhein guot under wegen.
[nach oben]
An den selben zîten
begund Davit dannen rîten
zuo dem heidenischen man.
die arken sach er vor im stân.
dô er die arken dô ersach,
wider den heiden er dô sprach:
‘lieber herr, dû solt mir
die arc geben schier,
diu gehśrt di juden an.’
der künic sprach: ‘daz sî getân.’
des was er herzenlîchen vrô;
di arc fuort er mit im dô
und nam urloup dâ zehant.
dem heiden er danct unde mant
in an die dienst sîn.
er sprach: ‘lieber herr mîn,
ir habt mich gehabt schôn,
mîn dienst sol wesen iuwer lôn;
swann mir iuwer bot seit,
sô wil ich iu sîn bereit.’
von den heiden er dô schiet,
sîn reis ze Jerusalêm geriet.
dâ wart er enpfangen schôn
und wart im an der stunt diu krôn
ûf sîn houbt gesetzet.
mit êrn wart er geletzet,
wan im diu wîch wart dâ von kunt
zwâr an der andern stunt.
[nach oben]
Dar nâch Davit gewaltic wart.
er betwanc mit sîner hervart
beidiu bürg unde lant
muosten warten sîner hant.
er rîchset ze Jerusalêm zwâr
völliclîch wol vierzic jâr.
Davit minnet got sêr,
des gewan er michel êr.
er sant dâ man prophêten west,
di nâch got wârn di best;
der kômen vil an ein stat.
zuo in kom er geriten drât.
er sprach: ‘ir herrn, ich wolt gern
got mit guoten dingen êrn,
alsô daz er mich hiet in huot.
ein bethûs schśn unde guot
wolt ich im gern machen
mit seltsænen sachen,
und wolt ez schôn nennen,
daz man ez möht erkennen.
der tempel sô wirt ez genant,
über al die werlt wol erkant.’
[nach oben]
Dô di prophêten erhôrten daz
und er zuo in gesezzen was,
si sprâchen: ‘waz ir zuo êren
tuot got dem vil hêren,
des mac er iu gedanken wol,
wan er ist genâden vol.’
dô wart niht lenger gespart,
der tempel ûz gemezzen wart.
manigen mûrermeister guot
brâht man dar mit schśner huot.
dô wart ein gruntfeste
gemachet dâ, diu beste,
diu ie wart oder sît.
der tempel wart alsô wît,
daz ich iu niht gesagen kan.
man sach dâ manigen meister gân,
die di mûrære
lêrten âne swære,
unz daz diu gruntfeste,
diu stark und diu beste,
über die erd gebouwen wart.
die mûrer wurden Daviten zart.
[nach oben]
Davit hêt ouch manic wîp,
diu mint er mit sîn eines lîp.
welt ir hśren der selben zal,
wie vil ir wâren über al?
ir wârn sechzic unde mêr,
diu all wârn des küniges hêr.
er hêt ouch friundinn genuoc,
der ieslîchiu bî im truoc.
er hêt ouch herzogen, dienstman,
die im wârn undertân.
under den ein diener was,
der was geheizen Urias;
der hêt ein vil schśn wîp,
diu was schśn über al ir lîp.
ir hals was gedræt schôn,
unde solt got nemen lôn,
er hiet verdient ze solt
mêr dann aller Kriechen golt.
dô Davit daz wîp ersach,
wider sich selben er sprach:
‘ich hân nie schśner wîp gesehen,
des muoz ich von schulden jehen.
sam mir sêl unde lîp,
si muoz werden mîn wîp!’
er warp umb sie biz an di zeît,
daz si in zuo ir leit.
dô wart si im unmâzen liep.
si sleich zuo im als ein diep,
sô er sie haben wolde
und kurzwîln mit ir solde.
[nach oben]
Dar nâch verdrôz in zwâr.
er sprach: ‘daz ich niht offenbâr
mit ir minn haben sol,
daz tuot mir wê und niht wol.’
eines listes er gedâht,
der den herren Urjam brâht
von sînem leben schier.
er sprach: ‘gewinnet mir
einen brief, vil lieber schrîbær,
der Urie werde swær.
schrîp dem herzogen hôchgeborn,
daz er niht verdien mînen zorn;
swer im disen brief trag
und im mîn botschaft sag,
den schaff an den êrsten strît,
daz man in slach bî der zît;
als lieb im mîn huld sî,
schaff in den vînden nâhen bî,
daz er niht lebentic kom von dan,
oder er muoz mînen zorn hân.’
[nach oben]
Dô der brief geschriben wart,
Urias huop sich an die vart
dâ er den herzogen vant;
den brief tet er im bekant.
dô er den brief dô gelas,
dô sprach er: ‘friunt Urias,
dû solt bî uns belîben hie.’
mit armen er in umbevie.
er sprach: ‘dû bist ze rehter zît
her komen zuo disem strît,
der morgen fruo sol ergân.
dû bist des lîbes gar ein man,
die vînt kanst dû wol rüeren.
den vanen solt dû füeren
ze strît, als er dir wol stât:
daz ist mîn bet und mîn rât,
sît dich got hât zuo mir gesant.
dû wærest wol herr über ein lant
zwâr mit dîner frümcheit.
der sturmvan ist dir bereit.
sô der strît dann end hât,
so enbiut ich an der selben stat
Davit an den stunden,
als ich an dem brief hân funden.’
[nach oben]
Dô di red hêt vernomen
Urias sprach: ‘ich bin niht komen,
daz ich iht well strîten;
ich wil zuo Davit rîten.
als im mîn botschaft wirt bekant,
sô kum ich dir her wider zehant.’
dô sprach der herzoc wolgetân:
‘ez sol zwâr alsô niht ergân;
dû muost uns helfen vor der stat,
wan ez Davit geboten hât.’
des morgens riten si an den strît.
dû muost Urjas an der zît
rîten in die grôzen nôt
und muost dâ kiesen den tôt,
wan im half nieman dannen.
er verbôt sînen mannen,
daz im dâ nieman solt gestân;
dâ von muost er daz leben lân.
[nach oben]
Dô er dâ ertśtt wart,
der herzoc sant ûf der vart
einen boten, der reit über lant.
er sprach: ‘tuo Daviten bekant,
daz Urias hab den tôt
erliten mit grôzer nôt,
als er mir enboten hât.’
Davit nam an der selben stat
in daz hûs ze frouwen Bersabê.
im wart sît noch ê
nie sô liep dhein wîp;
si was schśn über al ir lîp.
dô im diu botschaft wart geseit,
Urie tôt was im niht leit;
daz er verlorn hêt den lîp,
daz geschach alz durch sîn wîp,
daz si Davit wolt alein
und nieman mit im gemein.
[nach oben]
Dar nâch tet im der wîssag kunt,
wan got sprach durch sînen munt –
der wîssag hiez Natân –:
‘Davit, dû hast vil übel getân,
daz Urjas hât verlorn den lîp
durch Bersabê daz schśn wîp.
dar umb dir got enboten hât
umb dîn grôz missetât,
daz dû den tempel mermelîn
lâzest dar an dîn bouwen sîn,
wan er umb dîn missetât
wil dînes tempels haben rât.
er ist vil zornic gegen dir,
daz solt dû wol gelouben mir.’
dô wart Daviten herzen leit.
dô im der wîssag geseit
von got dis botschaft guot,
des wart trûric sîn muot.
er gedâht: ich hân übel getân,
daz ich den man ertśtt hân.
dar umb ich dulde gotes zorn,
ich fürht, mîn sêl sî verlorn.
zehant macht er daz gebet sus
‘Miserere mei deus’:
den salm macht er schône
unserm herren ze lône.
den salter er mit wirdicheit
den juden und der kristenheit
macht [er] ze gebet gegen got;
diu frümcheit lêrt in daz gebot,
als wir hiut von im hân;
er wart ein vil heilic man.
[nach oben]
Bî Bersabê gewan er schôn
den wîsen künic Salomôn.
ein ander frou bî im truoc
einen andern, der was starc genuoc,
als ich die liut hśr jehen,
ez sî wâr und sî geschehen:
ez was der starc Sampsôn
und der schśn Absalôn
und Salomôn der wîse
wârn all drî mit prîse
Davites sün zwâr
und wârn im liep ân mâzen gar.
sô jehent sümlîch pfaffen,
ez wurd sô niht geschaffen,
ez wær Sampsôn niht sîn kint;
des muoz ich sîn an sinnen blint,
wan ich dâ von die wârheit
niht wizzen kan – daz ist mir leit –,
ob er sîn sun sî gewesen.
des hân ich von im niht gelesen.
sô jehent etlîch liute,
sîn muoter wurde ze briute
neben einem mann [der] hiez Danyê.
waz sol ich dâ von sagen mê?
sümlîch jehent ân nît,
er sî Davites sun ân strît.
nu enweiz ich waz ich sagen sol,
wan got weiz alliu dinc wol;
der sol diser ding pflegen,
wan er læt kein guot under wegen.
doch wil ich an dem gelouben wesen,
daz man von im hab gelesen,
daz er Davites kint wær.
dâ von wil ich âne swær
von im daz mærel tihten
und an daz buoch rihten.
sît mir diu menig gestêt schôn,
daz der starc Sampsôn
sî des küniges Davites sun,
sô wil ich iu kunt tuon,
waz im wunders ist geschehen;
des wil ich an dem buoch verjehen.
Davites sun her Sampsôn
der truoc wol der êren krôn,
wan er manic tugent begie,
dâ von diu êr in umbevie.
hern Davites drittez wîp
diu hêt einen schśnen lîp;
diu was ân mâzen guot,
ir êr hêt si in grôzer huot.
diu truoc bî im schôn
den schśnen Absalôn.
[nach oben]
Nû besehet ob ieman leb,
dem got drî sô schśn gâb geb,
als er Daviten hât getân.
er was gên got ein sælic man,
daz er im gap schśner sün drî;
merket ob daz niht ein gâb sî!
mit sinnen ich daz merken kan:
den schśnsten den ie wîp gewan,
den gap er hern Davit;
dâ was er wol gewert mit.
dar zuo gap er im schôn
den starken Sampsôn.
der dritt was wîs unde karc,
den nam er für tûsent marc;
der wart genant dâ schôn
der wîs künic Salomôn.
daz was der schśnsten gâb ein,
diu ûf daz ertrîch ie erschein.
got hêt an in grôz wîsheit
zwâr für alle werlt geleit.
sô wîs wart sîn sin,
daz er ze Jerusalêm in
niht komen moht zuo dem bürgtor.
er sprach: ‘ich muoz stên hie vor,
oder man brech mir bî der zît
daz bürgtor, di mûr wît.
für wâr ich iu daz sagen kan,
mîn sin [der] rüert bêdenthalben an.’
[nach oben]
Diu dritt gâb was guot,
da von Davit wart hôchgemuot,
daz er im gap schôn
den schśnen Absalôn,
den schśnsten den ie muoter getruoc;
diu gâb was wunniclîch genuoc.
sîn schśn zôch für die werlt hin,
er was der liebst under in.
dem vater was er liep genuoc.
er sprach: ‘diu muoter diu dich truoc,
diu müez immer sælic sîn!
sît mir wart kunt dîn liehter schîn,
kund ich nie werden trûricvar;
dû bist schśn ân mâzen gar.’
[nach oben]
Daz kint wuohs, biz im wart gezalt,
er wær ahzehen jâr alt.
was daz niht ein wunder,
daz diser kneht besunder
was schśner dann ie man lebt?
ist ieman der dâ wider strebt,
der frâg die korônik, daz buoch hêr,
dar an ist sîn geschriben mêr.
sîn hâr was guldîn dræt,
etlîch frou dâ mit næt.
diu im kom sô nâhen gegân,
daz si in sach vor ir stân,
diu hêt wunn und êren vil.
die red ich dâ mit enden wil,
wan nieman loben sol die man
an schśn, daz ist missetân.
man sol loben ir frümcheit
und ouch ir werde manheit.
der wîb schśn man loben sol
und ir tugent, daz stêt in wol.
doch kan mîn zung niht verdagen,
si müez ein teil von im sagen
mit frouwen und mit megde gunst.
got selber hêt sîn rein kunst
geleit vil schôn an sînen lîp;
wann in ersach ein schśn wîp,
diu muost im holdez herze tragen.
daz buoch hśr ich von im sagen,
so si ersach sînen schśnen lîp,
si sprach: ‘wol mich sælic wîp,
daz ich dînen schśnen lîp sol sehen!
nû kan mir nimmer missgeschehen!’
[nach oben]
Dô Absalôn der schśn man
sich versinnen began,
daz er solt guot und wirde hân,
do begund er rîten unde gân
zuo sînen mannen, daz was reht.
er sprach: ‘ir ritter und ir kneht,
ir sült daz wizzen gar für vol,
ich bedarf guotes alsô wol
als Davit der vater mîn,
des sült ir mir helfent sîn,
daz ich besitz daz künicrîch;
zwâr ich mach in all rîch.’
ein alter ritter dô widersprach:
‘ir welt iu pruoven ungemach,
welt ir wider den herren mîn
iuch setzen, des ensol niht sîn;
und wirt sîn der künic gewar,
ir verliest sîn huld gar
und müezt sîn von im gescheiden.’
er sprach: ‘ich wolt ê bî den heiden
wesen, ê daz ich im liez
daz künicrîch, daz er mich verstiez,
wan ich muoz haben êr.
her ritter, ich wil iuwer lêr
volgen niht an dirre stunt;
iur untriu ist mir worden kunt.’
ein jünglinc sprach zehant:
‘herr, bürg unde lant
sült ir haben, daz ist reht.
ich bin zwâr iuwer kneht,
dâ von ich iu wol guotes gan:
iur êr sült ir nieman lân.’
[nach oben]
Daviten wart diu red geseit,
daz was im ân mâzen leit.
er sprach: ‘wil mich der sun mîn
bî mînem rîch niht lâzen sîn,
sô wil ich im erzeigen,
daz er ist mîn eigen.’
dar nâch hiez er gâhen,
sînen schśnen sun vâhen.
er sprach: ‘ir sült rehte,
beide ritter und knehte,
alle balde gâhen,
mir Absalônen vâhen.
den wilich in einen turn setzen
und an freuden letzen,
sô mac er dann wol verstân,
daz er wider mich hât getân.’
mit zühten ein alter ritter sprach:
‘ir welt iu prüeven ungemach
unde herzensêr ân nôt.
iur herz lît vor sêr tôt,
seht ir in trûric vor iu stân;
ez sol alsô niht ergân.
ir sült nâch im senden,
ob er sîn well erwenden,
sîner grôzen kintheit;
ez ist im lîht nû worden leit.’
[nach oben]
[11501-11524]
Der künic Davit sprach
ûz trûren und ungemach:
‘dû rætest mir, ritter, reht.’
er sprach zuo sînem kneht:
‘kneht, ich gib dir guot lôn.
rît balde und sag Absalôn,
daz er bald kom zuo mir.
ich welle sînen willen schier
mit freuden gar volenden,
sînen kumber wil ich wenden.’
der bot reit zehant
da er Absalôn vant.
er sprach: ‘dir enbiutet sicherlîch
Davit der edel künic rîch
sînen veterlîchen gruoz.
er enwîcht dir nimmer fuoz
veterlîcher triuwen.
ez sol dich nimmer riuwen,
daz du dich wil von im scheiden
und rîten zuo den heiden.
juncherr, habt einn vesten muot,
rîtet zuo dem vater guot!
der mac dînen kumber wenden
und ouch dîn trûren enden.’
[nach oben]
Absalôn der jung man
sprach: ‘rît bald von mir dan!
dû bist ein trugenær.
dâ von sô ist mir swær
dîn botschaft und dîn rîten.
dû solt niht lenger bîten,
oder ich heiz dich vâhen,
an einen galgen hâhen.’
dô der bot erhôrt
sîniu zornigiu wort,
dô îlt er bald von dan.
er gie für Daviten stân.
er sprach: ‘vil lieber herr mîn,
lâ dir niht leit noch zorn sîn
diu botschaft, die ich sagen mac.
mir was vil nâhen ein leider tac
von dînem schśnen sun ergân:
er wolt mich erhangen hân.’
[nach oben]
Dô Davit hêt vernomen,
daz im diu botschaft was komen,
daz er sich wider setzen wolt
und zuo im niht kom als er solt,
er sprach: ‘wâ nû all mîn man?
ritter und swaz ich knappen hân,
die süllen balde gâhen,
mir Absalônen vâhen.
swer in gevangen bringet mir,
dem gib ich bereites goldes schier
zweinzic marc rôtes golt,
daz sol wesen sîn solt.’
dô si den solt vernâmen,
wie schier si all quâmen
in irem harnasch! daz was reht.
beidiu ritter und ouch kneht
begunden all gâhen,
Absalônen vâhen.
ir ieslîcher hiet gern daz golt
verdient und den werden solt.
[nach oben]
Si leiten sich dô in ein huot
für ein grôz stat guot;
dâ lac manger knapp stolz.
bî in was ein grôz holz;
da was Absalôn în geriten.
si begunden sîn mit guoten siten
vârn, warten all gelîch,
beide arm unde rîch.
si santen schier ein bötelîn,
daz ir speher solt sîn;
daz kom zuo in fruo und niht spât.
‘wartet! er kumt iu drât,’
sprach diu spech dâ zehant.
vil schier kom er zuo gerant.
der êrst der in dô ane sach,
der rant zuo im unde sprach:
‘juncherr, ir sült niht gâhen,
lât iuch mit êren vâhen.’
‘nein ich zwâr!’ sprach er,
‘er sî dirr oder der,
der mich mit strît an grîfen wil,
vor nieman ich die red hil,
er muoz mir lân daz leben mîn,
des sol er gar gewis sîn.’
von in was im unmâzen gâch,
si jagten all hinden nâch.
[nach oben]
Dô kêrt er einen wilden wec
ab der strâz an einen stec,
der was eng und niht wît
dô huop sich an der selben zît
ein wintgestśz daz was grôz.
sîn hâr im von dem houbt schôz
und wæet verr von im hin dan.
sîn hâr was wunniclîch getân
und was lanc nâch heiden sit.
ein ast begreif in dâ mit,
wan sich daz hâr dar umb swanc;
daz was schśn unde lanc.
ez zuct in ûz dem satel schier.
dâ wârn rescher knappen vier
im vil nâhen komen,
als ich dick hân vernomen,
daz er an dem ast hienc,
dâ von ez im niht wol ergienc,
wan der im aller næhst reit,
der selb kneht des niht vermeit,
er stæch daz sper biz an die hant
durch in, daz ez vil gar verswant.
ez geschach doch ân sîn schulde gar,
wan er daz ros enmoht zwâr
niht wider werfen an der zît,
wan der stec was niht sô wît.
[nach oben]
Dô der kneht daz ersach,
ze fliehen was im dô gâch.
er reit mit trûrigem muot.
er gedâht: lieber herr guot,
diu schuld ist unverdient mîn.
ich wolt mich trenken in dem Rîn,
ê daz ich ez gern hiet getân.
ich bin ein unsælic man.
die andern die dâ nâch im riten,
von den wart niht vermiten,
si weinten umb in sêre;
ir klag was dannoch mêre.
si sprâchen: ‘uns ist daz bekant,
daz der herr, Davit genant,
sich ertśtet umb daz kint.
all di liut di nû sint,
die gewunnen lieber kint nie.’
den tôten einer dô gevie
und leit in ûf ein pfert schôn.
er sprach: ‘schśner Absalôn,
wie gebârt dîn vater, der herr mîn?
sô er ersiht den tôt dîn,
sô fürht ich sîn vil grôz nôt,
er lige zehant vor leide tôt.’
[nach oben]
Si fuorten in mit leide dan
da si funden iren herren stân.
der herr frâgt si mære,
wâ Absalôn wære,
ob er wær gevangen.
dô sprach: ‘ez ist ergangen’
ein knapp der sich des ûz nam.
er sprach: ‘in trûren und in scham
stên ich durch den sun dîn,
da von muoz mîn herz trûric sîn.
urteil mir an disem tac,
herr mîn: daz nieman mac
understên, wie sol daz sîn?
die urteil lâz hiut wesen mîn,
wie ez süll dar umb ergân.’
er sprach: ‘daz sol man lâzen stân
und sol ez allez lâzen varn,
wan got kan alliu dinc bewarn,
als sîn genâd gegen uns stât.’
der kneht sprach: ‘daz ist mîn rât,
ob ich dir sag iht leider mær,
daz sol dir, herr, niht wesen swær,
wan dû di urteil hâst getân,
dâ von solt dû ez varn lân.
ich sag dir, lieber herr mîn,
ein mær, daz niht bśser möht sîn,
daz dû, herr, solt lâzen varn,
wan got muoz alliu dinc bewarn,
als dû die urteil selb hâst getân.
gedenk, daz dû ein biderb man
bist unde künic rîch,
dar an gedenk dû sicherlîch.
dîn herz sol niht haben nôt:
dîn sun Absalôn ist tôt.’
[nach oben]
Dô er den tôt dâ vernam,
man gesach nie einen man
werden alsô tôtvar;
sîn varb wart im erblichen gar.
sîn hend begunden im sîgen,
sîn houbt begund er nîgen
ze tal gegen den füezen sîn.
der kneht sprach: ‘lieber herr mîn,
tuot dis starc klag hin!’
zehant wart er ân sin,
wan er en unmehten viel.
sîn herz in trûren wiel
und lac gar unversunnen.
der kneht lief zuo einem brunnen
und brâht ein becher wazzers vol.
er sprach: ‘ich erkenn sîn herz wol,
daz er lîdet grôz nôt
umb disen jæmerlîchen tôt.’
mit wazzer labt er in zehant.
er sprach: ‘mîn stolzer wîgant,
sich dînen starken muot an,
lâ dînen lîp niht zergân!
got der dich beschaffen hât,
der mac dir an der selben stat
einen als schśnen sun geben.
verderb niht dîn selbes leben
umb ditz kint; gedenk dar an,
daz sînen lîp nieman
verderbt, er sî vor got verlorn
und muoz dulden gotes zorn.’
[nach oben]
Dô Davit in der unmaht
nâch des knehtes red gedâht,
er blict in jæmerlîchen an.
diu unmaht im dô an gewan,
daz er niht wol gereden moht,
als doch sînen êren toht.
des muost er reden lîse.
er sprach: ‘daz paradîse
und allez daz himelisch lôn
hiet ich niht für Absalôn
genomen hie an diser zît;
sîn tôt mir micheln jâmer gît.’
er sprach: ‘ôwê kint mîn,
sol ich von dir gescheiden sîn,
daz bringt mir swær und ungemach.
ô wê, daz ich ie gesach
dînen schśnen lîp!
dich êret manic schśn wîp
durch di schśn diu an dir lac.
für wâr ich gesprechen mac,
daz nie sô schśnez wart geborn.
ôwê, wie hân ich dich verlorn!
Michol diu lieb muoter dîn
zôch dich als ir kindelîn,
daz dû nie dhein hâr
von dînem houbt, daz ist wâr,
verlure, si hiet ez schôn;
daz tet si mir und dir ze lôn.
dîn hâr was goltdræte;
vil manic frou næte
dâ mit borten an der ram
und manic kleinôt wolgetân.
swer ouch dîn antlütz ersach,
der hêt dheinen ungemach,
wan ez hêt engelisch gestalt;
sîn schśn was manicvalt.
des müezen mir gestân
beidiu wîp unde man.’
[nach oben]
Ûz grôzem jâmer er dô sprach,
sô er den tôten sun an sach:
‘wær ieman der mir möht geben,
daz ich verdurb an mînem leben,
daz dû, liebez kint mîn,
möhtest noch bî leben sîn,
dar umb wolt ich mit nśten
mich selben lâzen tśten.
ôwê!’ sprach er aber dô,
‘mîn herz mac nimmer werden vrô
zwâr biz an die lesten zeît,
daz man mich tôten zuo dir leit.
ôwê sumerwunne,
daz mir dîn got niht gunne!
dîn ougen wârn liehtgevar.
swâ der ein wîp wart gewar
und dich mit ougen ane sach,
sô verswant ir ungemach.
schśn wârn diu wengel dîn.
dîn munt gap sô rôten schîn,
daz ich sîn niht gesagen mac.’
er tet mangen grôzen slac
mit der hant dem herzen sîn.
er sprach: ‘vil liebez kint mîn,
und vörht ich niht mîner sêl nôt,
ich tæt mir selber den tôt.’
[nach oben]
Sîn ritter giengen ze ræten,
wie si dem tôten tæten,
daz si Davit behielten dâ mit
und bestatten in nâch der juden sit.
der künic wart des gewar.
dô brach er ûz sîn hâr
und gie dâ er den tôten vant.
vil schier er sich sîn underwant
und kust den schśnen tôt
an sîn mündlîn rôt.
mit armen er in umbevie.
ir gesâht an einem manne nie
alsô jæmerlîch klagen;
er hêt sich selben nâch erslagen.
ein alter ritter daz ersach.
wider Davit er dô sprach:
‘zwiu sol dis grôz nôt?
welt ir vor leid ligen tôt?’
als er daz wort volgesprach,
Daviten man dâ ligen sach
vor leid reht als einen man,
der nie dhein leben gewan.
dô man daz an dem künig sach,
der alt ritter aber sprach:
‘tuot den tôten von im hin dan
und bestatet in als einen man,
der von künig sî geborn.
enruocht, tuo ez dem künig zorn;
ez wirt im her nâch lieb zwâr.
er verderbt sich ân mâzen gar.’
zehant wart der tôt man
getragen von dem künig dan,
und leiten in nâch juden reht.
beide ritter unde kneht
klagten in vil sêre
durch des küniges êre.
[nach oben]
Dô Absalôn bestatt wart,
der Davit was gewesen zart,
nâch juden reht als ein man,
dem grôz êr was undertân,
dar nâch Davit bekomen was,
wan er vor leide kûm gênas,
er sprach: ‘ich sich wol, daz nieman
dhein herzenliep gehaben kan,
dâ sî herzenleit bî;
und liezen mich gedenk frî,
sô möht mîn herz riuwen hân,
des ez sust niht gehaben kan.
swie grôz sî mîns herzen slac:
daz nieman widertuon mac,
daz sol man lâzen varn.
got mac mir bî mînen jârn
einen sun gegeben, ob er wil,
mit dem ich mac gewinnen vil
freude unde wunne,
der mir liuhtet sam diu sunne.’
daz erhôrt der alt ritter dô.
‘wolt ir sô reden, sô wær ich frô,
und liezet von dem herzen
iur leit und iuren smerzen
und gedæhtet dar an,
got hât als vil als er ie gewan.’
[nach oben]
Nû lâz wir die red stân.
wir süln daz buoch heben an,
dô Bersabê bî Davit was,
als ich an dem buoch las;
ich mein di schoenen, Urjas wîp,
dar umb Urjas gap den lîp.
diu wart Daviten alsô zart,
als dick von im gelesen wart,
daz er sie mint für alliu wîp
durch iren minniclîchen lîp.
er hêt sie ein jâr und niht langer,
eines kindes wart si swanger,
daz was in der gebær,
sam ez Absalôn wær
an schśn und an frümcheit,
daz ez der vater unverzeit
sach mit den ougen an.
er sprach: ‘ich dir wol guotes gan.
ich hân von got wunniclîchen lôn,
er hât mich ergetzt Absalôn
an dir, des wil ich [immer] sagen danc
über kurz und über lanc
got dem vil reinen trehtîn,
sîn diener wil ich immer sîn.’
dâ mit kom er von im gegân.
einen engel vant er vor im stân,
der sprach: ‘ich sag dir daz für wâr
alsô reht offenbâr,
ez lebt niht siben tag dîn kint,
wan dîn sünde niht ensint
gebuozet, die dû hâst getân
an Urjas dem getriuwen man,
wan ditz kint hât getragen
des wîp, der durch sie ist erslagen.’
[nach oben]
Davit wart an mâzen leit,
sîn nôt er vil tiur kleit.
ein lînen tuoch er dô bant
umb sîn houbt zehant
und viel nider ûf den estrîch
kriuzling und bât klegelîch
die almehtigen gotheit,
wan im was ân mâzen leit.
dô daz ersâhen sîn ritter,
si sprâchen: ‘mînes herren swær
ist grôz umb daz kint,
wan got wil ez machen blint.’
zehant leit ez grôz nôt
und lac vor den rittern tôt.
die ritter zehant begunden jehen:
‘swer disen tôt hât gesehen,
der sol in verswîgen gar,
daz sîn mîn herr iht werde gewar.’
[nach oben]
Dô man den tôt nider leit,
daz was umb vesperzeît,
dannoch lac der künic rîch
allez ûf dem estrîch
ungetrunken und ungezzen.
sîn herz hêt nâhen frezzen
diu leitwend umb daz lieb kint.
all die künig die nû sint,
di liten nie sô grôz nôt.
dô er erhôrt des kindes tôt,
er ruoft den rittern allen dar.
er sprach: ‘ir sagt mir für wâr
von mînes lieben kindes nôt!
ich hôrt iuch sagen, ez wær tôt.’
der alt ritter aber sprach:
‘lât varn iuwern ungemach,
ez wurd iu doch ân uns geseit.
tuot furder iuwer herzenleit,
iuwer klag und iuwer nôt.
iur schśnez kint daz ist tôt.’
[nach oben]
Dô hiez der künic springen,
im schśniu kleider bringen.
zwên armboug guldîn
die streich er an den lîp sîn,
die bouge beid und daz gewant.
er sprach: ‘mir ist daz wol bekant,
daz ditz klein kindelîn
nieman mac lebentic mâchent sîn.’
er hiez im geben sîn krône
und sazt di ûf schône.
dô bâten in sîn ritter
in bescheiden ditz mær.
si sprâchen: ‘lieber herr mîn,
von welhen sachen mac daz sîn,
daz ir von freuden strebt,
di wîl daz kint lebt,
und iu daz trûren ist zergân,
sît daz kint hât sîn leben lân,
daz iu sô liep ist gewesen?
ir hiett doch gern sîn genesen
gesehen, daz wizz wir all wol;
dâ von uns all wundern sol,
daz iuwer freud was zergân –
des wundert hie vil manigen man –;
und nû daz kint ist tôt gesehen,
sagt uns, von wiu ist daz geschehen,
daz ir nû sît vil freudenrîch?
des wundert uns gemeineclîch.’
[nach oben]
Der künic sprach: ‘daz wil ich iu sagen
und wil iu sîn niht verdagen.
die wîl daz kint sîn leben hêt
und in gotes handen stêt,
dô bat ich got, daz er schier
daz kint gesunt liez werden mir,
und hêt dar zuo guoten trôst,
daz ez von siechtuom wurde erlôst.
nû ist daz kindel tôt gesehen,
nû kan sîn wærlîch niht geschehen:
nû muoz ich mich gehaben wol;
daz nieman widertuon sol,
daz sol man allez lâzen varn.
got der rîch müez uns bewarn!’
[nach oben]
Dar nâch truoc frou Bersabê
einen sun, daz man sît noch ê
dheinen wîsern vernam;
der lebt lang und ân scham.
dô er zuo einem mann wart,
dô wart niht lenger gespart,
ez muosten jung und grîse
wundern sîner wîse,
daz ein sô junger man
sölhen wîstuom ie gewan.
dar nâch in sîn herz schôn
bat, daz er fuor in Geôn.
dâ vant er einen priester stân,
der im guot und êren gan,
der was genant Sadoch,
gotes priester was er doch.
dâ stuont ein wîssag bî;
wie des nam genant sî,
daz wil ich iuch wizzen lân:
er was geheizen Natân.
[nach oben]
Die beide wurden des enein
vil schôn zwischen in zwein,
daz si den wîsen Salomôn
wolden wîhen dâ vil schôn.
si sprâchen: ‘dû bist des wol wert,
daz wir dir zepter, krôn und swert
wîhen und dich begiezen;
daz öl sol ûf dich vliezen.
dâ mit wirst dû gewîhet schôn
under küniclîcher krôn.’
er sprach: ‘waz gotes will sî,
daz sol mir williclîch wesen bî.’
dô wart er gewîht dâ ze reht
und gewan dâ mangen kneht,
die im dienten schôn.
daz geschach allez in Geôn.
daz volc freut sich gemein,
daz Salomôn enpfie di wîch rein.
[nach oben]
Salomôn vil sinnrîch wart.
ze Jerusalêm huop er ein vart,
wan si sîn ze herren gerten,
als si ir wîsheit lêrte.
dô er zuo der stat quam
und ez daz volc vernam,
do enpfiengen si in gemeineclîch,
beidiu arm unde rîch.
daz bürgtor sach er offen stân.
er sprach: ‘wâ sol ich în gân?’
si sprâchen: ‘herr, zem bürgtor.’
er sprach: ‘ich muoz stên hie vor.
daz tor ist niht sô wît,
daz ich müg ze dheiner zît
vor grôzem wîstuom dar în gegên;
ich muoz zwâr hie vor stên.
mîn wîstuom mac niht bî mir in,
wan ich hân bî mir grôzen sin.
daz ist mir baz dann iu bekant,
er stśzt sich an des tores want.
dâ von welt ir, daz ich hin in
kom, sô legt dar zuo den sin,
daz ir daz tor machet wît
und tuot daz schier, ez ist zît.’
[nach oben]
Dô di burgær heten vernomen,
daz er niht in di stat moht komen,
dô wurden si ze râte,
daz si santen drâte
nâch brechern und nâch mûrær.
si sprâchen: ‘ringet unser swær!
lât uns nider daz bürgtor
oder unser herr belîbt dâ vor.
brecht ez wol zehen klâfter wît,
sô kumt er an der selben zît
her în zuo uns, daz wizz wir wol;
niht fürbaz ich iuch manen sol.’
dô wart niht lenger gespart,
diu mûr dâ gebrochen wart
nider ûf die erde.
dô reit der künic werde
ze Jerusalêm in die stat,
als in dô diu gemein bat,
junc unde alt.
sîn lop wart manicvalt
von den frouwen jungen.
dâ wart umb in gedrungen,
daz [nie] dhein künic ze dheiner vart
nie schôner enpfangen wart.
der künic Salomôn zwâr
rîchset dâ wol vierzic jâr.
[nach oben]
Dar nâch tet im got bekant,
wan got ein engel zuo im sant,
der sagt im vil rehte;
er sprach: ‘nim gotes knehte
zuo dir und manigen wîssagen!
der botschaft sol ich niht verdagen:
dû solt den tempel der dort stât,
den Davit erhaben hât,
den solt dû volbringen
mit allen dînen dingen,
und solt dînen sin dar an
legen, daz dâ nieman
snîd ze dem tempel dheinen stein.
beide grôz noch klein
mit dheinem wâfen snîden:
daz heiz die mûrer mîden.’
dô sprach Salomôn der wîs:
‘wâ mit sol ich den tempel lîs,
die stein ze samen füegen?
got sol sîn wol genüegen
den heiz wurken die stein.’
dô antwurt im der engel rein:
‘daz hât dir got verboten gar,
du solt nemen dîner witz war.
des lâ dich von got genüegen,
dîn witz süln si ze samen füegen.’
dâ mit fuor der engel von dan.
Salomôn trahten began
ein mânôt volliclîch,
wie er den tempel rîch
solt ze samen füegen ein,
daz er niht snite die stein.
sîn wîsheit traht hin und her
mit willen sînes herzen ger,
wie er dem tempel tæte,
daz er in ze samen bræhte.